Kindeswohlgefährdungen 2018: Jugendämter melden 10 % mehr Fälle / Rund 50 400 betroffene Kinder und Jugendliche

Im Jahr 2018 haben die Jugendämter in
Deutschland bei rund 50 400 Kindern und Jugendlichen eine
Kindeswohlgefährdung festgestellt. Das waren 10 % oder rund 4 700
Fälle mehr als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis)
weiter mitteilt, ist dies nicht nur der höchste Anstieg, sondern auch
der höchste Stand an Kindeswohlgefährdungen seit Einführung der
Statistik im Jahr 2012. Insgesamt prüften die Jugendämter rund 157
300 Verdachtsfälle im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung.

Rein demografisch lässt sich der Anstieg der
Kindeswohlgefährdungen nicht erklären: Zwar stieg die Zahl der
Minderjährigen von 2017 auf 2018 ebenfalls, aber nur um 0,5 %.
Rechnerisch waren damit von 100 000 Kindern und Jugendlichen 372 von
einer Kindeswohlgefährdung betroffen. 2017 hatte dieser Wert noch bei
339 gelegen. Damit wurde 2018 auch bereinigt um demografische
Veränderungen der höchste Stand in der Zeitreihe erreicht.

Besonders starker Anstieg bei akuten Kindeswohlgefährdungen

Die Jugendämter stuften 2018 rund 24 900 Fälle als „akute“
(eindeutige) Kindeswohlgefährdungen ein, das waren 15 % mehr als
2017. In weiteren rund 25 500 Fällen konnte eine Gefährdung des
Kindes nicht sicher ausgeschlossen werden, sodass ein ernsthafter
Verdacht blieb. Auch diese „latenten“ Kindeswohlgefährdungen haben
zugenommen, wenn auch nicht so stark wie die akuten Fälle (+6 %).

Die Jugendämter sind verpflichtet, sowohl bei akuten als auch bei
latenten Kindeswohlgefährdungen mit Hilfen oder Schutzmaßnahmen zu
reagieren: So wurden in 20 % beziehungsweise 10 100 aller 50 400
akuten und latenten Fälle von Kindeswohlgefährdung das
Familiengericht eingeschaltet. In 15 % aller Fälle (7 800) wurden die
Betroffenen zu ihrem Schutz vorläufig vom Jugendamt in Obhut
genommen.

Bei weiteren rund 53 000 Kindern und Jugendlichen hatte die
Prüfung durch das Jugendamt zwar keine Kindeswohlgefährdung, aber
weiteren Hilfe- und Unterstützungsbedarf ergeben, beispielsweise in
Form einer Erziehungsberatung oder sozialpädagogischen Familienhilfe
(+8 %). In rund 53 900 Fällen wurde der ursprüngliche Verdacht vom
Jugendamt nicht bestätigt, sodass weder eine Kindeswohlgefährdung
noch weiterer Unterstützungs- oder Hilfebedarf festgestellt wurde
(+11 %).

60 % der Kindeswohlgefährdungen auf Vernachlässigungen
zurückzuführen

Die meisten der rund 50 400 Kinder, bei denen eine akute oder
latente Kindeswohlgefährdung festgestellt wurde, wiesen Anzeichen von
Vernachlässigung auf (60 % aller Fälle). In 31 % aller Fälle wurden
Anzeichen für psychische Misshandlungen wie beispielsweise
Demütigungen, Einschüchterung, Isolierung und emotionale Kälte
festgestellt. In 26 % der Fälle gab es Hinweise auf körperliche
Misshandlung und in 5 % der Fälle Hinweise auf sexuelle Gewalt. Dabei
ist zu beachten, dass mehrere Arten der Kindeswohlgefährdung zugleich
vorliegen können. Auch wenn Kindeswohlgefährdungen durch sexuelle
Gewalt relativ selten festgestellt wurden, war die Entwicklung hier
auffällig: Die Zahl der gemeldeten Fälle stieg von 2017 auf 2018 um
20 % auf knapp 2 500. Dabei waren zu zwei Dritteln (67 %) Mädchen
betroffen.

Hinweis:

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche
Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines
Kindes unmittelbar droht oder eingetreten ist. Bei einem ernsthaften
Verdacht sind die Jugendämter verpflichtet, das Gefährdungsrisiko und
den Hilfebedarf im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung (§ 8a SGB
VIII) festzustellen und der Gefährdung entgegenzuwirken. Dazu zählen
in der Regel auch ein Hausbesuch und die Erörterung der
Problemsituation mit dem Kind und den Sorgeberechtigten, sofern dies
dem Kinderschutz nicht widerspricht. Sind die Eltern dazu nicht
bereit oder in der Lage, kann der Kinderschutz auch gegen ihren
Willen durch ein Familiengericht durchgesetzt werden.

Die vollständige Pressemitteilung sowie weitere Informationen und
Funktionen sind im Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes
unter http://www.destatis.de/pressemitteilungen zu finden.

Weitere Auskünfte:

Kinder- und Jugendhilfe, Telefon: +49 (0) 611 / 75 81 37,
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