Köln. Der frühere Präsident des
Verfassungsgerichtshofs für Nordrhein-Westfalen, Michael Bertrams,
hält das Kirchenasyl für Flüchtlinge in Härtefällen für berechtigt.
Eine Duldungs-Vereinbarung von 2015 zwischen den Kirchen und der
Bundesregierung „hat sich bewährt“, schreibt der Jurist im „Kölner
Stadt-Anzeiger“ (Montag-Ausgabe). Die Regelung sollte Anfang 2018
überprüft werden.
Nach Bertrams– Ansicht sind die Kirchen im Rahmen der
grundgesetzlichen Glaubens- und Gewissensfreiheit in Verbindung mit
ihrem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht dazu befugt, Kirchenasyl zu
gewähren und sie damit vor einer drohenden Abschiebung zu schützen.
„Ein Widerstandsrecht gegen den Staat leiten die Kirchen daraus nicht
ab“, betont Bertrams. „Sie erkennen vielmehr an, dass die zuständige
Ausländerbehörde gegebenenfalls eine Abschiebung durchsetzen kann.“
Das Institut des Kirchenasyls sei zwar ein Rechtsverstoß sei, solle
aber „eine neue Gesprächssituation zwischen dem Staat und den in
Obhut genommenen Flüchtlingen herbeiführen, begleitet von der
Kirche“. Diese hätten bei Rahmen einer erneuten juristischen
Überprüfung in der großen Mehrzahl der Fälle neue, bislang nicht
berücksichtigte Gefährdungsaspekte vortragen können.
Im Streit über das Kirchenasyl vereinbarten evangelische und
katholische Kirche 2015 mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière
(CDU), dass der Staat in Härtefällen nicht eingreift und es
akzeptiert, die Abschiebung während der Dauer des Kirchenasyls noch
einmal juristisch überprüfen zu lassen. Im Gegenzug sind die
Kirchengemeinden als Asylgeber vor Ort verpflichtet, jeden Einzelfall
sowohl den staatlichen Behörden als auch den zuständigen kirchlichen
Stellen zu melden und das Kirchenasyl bei einem negativen Ergebnis
der erneuten Überprüfung dann auch zu beenden. Die Gemeinden sollen
Flüchtlingen also nicht heimlich Unterschlupf gewähren.
Nach Kirchenangaben gewähren evangelische und katholische
Pfarrgemeinden in etwa 350 Fällen Kirchenasyl (Stand: November 2017).
In der Mehrzahl geht es dabei um “ Dublin-Fälle“, also um
Flüchtlinge, die in das Land ihrer ersten Einreise in die EU
zurückgeschickt werden sollen, insbesondere nach Griechenland,
Italien, Bulgarien oder Ungarn.
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