Kölner Stadt-Anzeiger: Friedman sieht bei Rassismus und Antisemitismus „Enthemmung in der Mitte der Gesellschaft“ – Scharfer Angriff auf Schriftsteller Grass und Walser

Köln. Zum 20. Jahrestag des „Arsch huh“-Konzerts
Kölner Künstler gegen Rassismus und Neonazismus hat der jüdische
Publizist Michel Friedman eine „Enthemmung in der Mitte der
Gesellschaft“ angeprangert. „Im Vergleich zu dem, was 1992 beklagen
war, gibt es heute noch weitaus mehr Grund zur Sorge“, sagte Friedman
dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag-Ausgabe). Er verwies unter
anderem auf den Rechtsterror der NSU und das Versagen der
Sicherheitsbehörden. Rassisten und Antisemiten agierten heute
„unverschämter, sie sind lauter und sichtbarer“, so Friedman weiter.
Namentlich griff er die Schriftsteller Martin Walser und Günter Grass
scharf an: „Früher hat der Spießbürger seinen Rassismus und
Antisemitismus in verrauchten Hinterzimmern ausgetobt. Mittlerweile
macht er das beim Champagner-Empfang oder verfasst – wie Martin
Walser und Günter Grass – Pamphlete in Rede- oder Gedichtform.“ Vor
diesem Hintergrund lobte Friedman das Engagement von Künstlern wie
Wolfgang Niedecken (BAP) und anderen, die nach einer Welle
ausländerfeindlicher Übergriffe zum Protest aufgerufen hatten. Zu dem
Konzert unter dem Motto „Arsch huh, Zäng ussenander“ (kölsch für
„Hintern hoch, Zähne auseinander“) versammelten sich in Köln 100.000
Zuhörer. Am Freitag findet eine Neuauflage des Konzerts statt. „Ein
Künstler, der sich offen gegen Nazis stellt, hat mehr getan als die
meisten anderen, deren Tun sich darauf beschränkt, diejenigen zu
kritisieren, die etwas tun“, sagte Friedman. Natürlich reiche ein
Konzert allein nicht aus. Aber das gelte für jede Aktion. „Und eines
ist klar: Alle Konzerte dieser Welt ersetzen nicht die persönliche
und direkte Abwehr des millionenfachen, kleinen Alltagsrassismus“, so
der Frankfurter Publizist.

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