Der Orientalist und Schriftsteller Navid Kermani hat
dem Kölner Landgericht wegen des Beschneidungs-Urteils scharfe
Vorwürfe gemacht. „Ich kann es immer noch nicht ganz glauben, dass
keine 70 Jahre nach der Schoah traditionelles jüdisches Leben in
Deutschland wieder kriminalisiert und damit letztlich in die
Illegalität getrieben wird“, sagte Kermani in einem Interview dem
„Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag-Ausgabe). Das Kölner Gericht
hatte in der vergangenen Woche die Beschneidung von kleinen Jungen
als Körperverletzung gewertet. Kermani wertet den Richterspruch als
„Deutschlands Minarettverbot“. Der Schriftsteller greift in dem
Interview auch die Verteidiger des Gerichtsurteils an. „Es kommt mir
vor, als bewegten wir uns im Expresszug zurück ins 19. Jahrhundert
mit seinem –aufgeklärten– Vorbehalt gegen Juden, als es exakt die
gleichen Argumente gegen die archaische Andersartigkeit gab.“ Der
Deutsch-Iraner wertet die Tatsache, dass laut Umfragen eine Mehrheit
der Deutschen ein Verbot der Beschneidung befürwortet als
Wiederauftreten des „Kernbestands des europäischen Ressentiments“
gegen Juden und Muslime. „Die Mehrheitsgesellschaft will Juden und
Muslimen einreden, sie seien alle – mehr oder weniger – krank.“
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