Der renommierte katholische Theologe Peter Hünermann
(84), Nachfolger Joseph Ratzingers als Professor in Münster und
Tübingen, hat Papst Benedikt XVI. als „den letzten bedeutenden
Theologen des 2. Jahrtausends auf dem Stuhl Petri und den letzten
Papst einer zu Ende gehenden Epoche der Kirchengeschichte“
bezeichnet. Insbesondere Benedikts Rücktritt vor genau einem Jahr sei
ein „Markstein für die Kirche“, sagte der 84-Jährige dem „Kölner
Stadt-Anzeiger“ (Dienstag-Ausgabe). Benedikt habe damit eine im
besten Sinn „pragmatische Neubestimmung des Papstamtes“ vorgenommen,
ohne dass die Theologie des Amtes angetastet worden wäre. Eigentlich
ganz geprägt von einem sakral-monarchischen Begriff von Kirche,
Weiheamt und Papsttum, sei es umso beeindruckender, dass der frühere
Papst „diesen 1000 Jahre alten Ballast am Ende radikaler
abgeschüttelt hat als alle seine Vorgänger“, so Hünermann, der auch
Gründungspräsident der Europäischen Gesellschaft für Katholische
Theologe ist. Hünermann charakterisierte Ratzinger als einen Mann des
Übergangs. „Er ist groß geworden in der alten Zeit, mit der alten
Theologie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Beides hat er
mitnehmen und anschlussfähig halten wollen auch in einer neuen
Epoche.“ Den eigentlichen epochalen Wechsel aber, den das Konzil
markiert, habe Ratzinger damit „immer nur halbherzig vollzogen –
sowohl in seiner wirklich intelligenten Theologie als auch in seiner
Amtsführung“. Ein „Paradigmenwechsel“ im kirchlichen
Selbstverständnis, der unter dem neuen Papst Franziskus bereits nach
einem Jahr klar sichtbar werde, sei erst nach Benedikt möglich
geworden, so Hünermann weiter. „Aber Benedikt hat gewissermaßen die
Brücke geschlagen, über die Franziskus jetzt geht.“ Als Beispiel
nannte er Franziskus– Absicht, „das wohl größte unbewältigte Problem
der Kirche seit dem Konzil, nämlich die Sexualmoral“, synodal klären
zu lassen. Das sei hoch spannend, so der Theologe.
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