Symbolischer Akt
Sandro Schmidt zum
Militärschlag in Syrien
   Die Luftangriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens auf 
Ziele in Syrien waren vor allem eines: ein symbolischer Akt.
   Getroffen wurden nach Angaben der Westmächte das Forschungszentrum
in Barsah, in dem chemische und biologische Kriegstechnologie 
erforscht und produziert worden sein soll, sowie eine Lagerstätte für
Chemiewaffen nahe Homs. Tote gab es keine zu beklagen, russische 
Interessen wurden nicht unmittelbar tangiert. Die Botschaft: Man will
dem Regime von Baschar al-Assad – und anderen Diktatoren – den 
barbarischen Einsatz von Massenvernichtungswaffen nicht durchgehen 
lassen und seine Möglichkeiten dazu reduzieren, zugleich aber keinen 
Konflikt mit Russland heraufbeschwören.
   Letzteres ist unabhängig von allen harten verbalen Reaktionen 
Moskaus erfreulicherweise gelungen – fast wider Erwarten nach den 
unbeherrschten, unfassbaren Twitter-Mitteilungen des US-Präsidenten 
Donald Trump im Verlauf der vergangenen Woche. Ob jedoch die 
militärischen Fähigkeiten Syriens wirklich eingeschränkt worden sind,
darf bezweifelt werden. Der US-Angriff im April 2017 auf den 
syrischen Luftwaffenstützpunkt Schayrat nach Einsatz von Giftgas 
durch das Regime in der Stadt Chan Scheichun blieb jedenfalls nahezu 
folgenlos.
   Das Positivste, was über die Luftschläge vom Samstagmorgen gesagt 
werden kann, ist, dass der gefährlichste, direkte Konflikt zwischen 
Washington und Moskau seit der Kuba-Krise im Oktober 1962 auf eine 
für alle Seiten gesichtswahrende Weise gelöst worden ist. Trump und 
sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron konnten ihren forschen
Ankündigungen Taten folgen lassen, ohne als Papiertiger dazustehen. 
Russland ebenso. Nach Moskauer Angaben wurden zwölf auf den 
Militärflughafen Dumair östlich von Damaskus abgeschossene Raketen 
(angeblich von der syrischen Luftabwehr) abgefangen – der Kreml ist 
also wie angekündigt seiner „Beistandspflicht“ gegenüber Syrien 
nachgekommen. Und Machthaber Assad gibt sich nach dem Bombardement 
betont gelassen. Er will an seinem Kurs festhalten, als wäre nichts 
geschehen. Viel Rauch um nichts also?
   Nicht ganz. Besser geworden ist die Lage in Syrien nicht – weder 
für die Bevölkerung im Land noch in Bezug auf die internationale 
Krise. Sie kann jederzeit wieder zwischen den Großmächten oder den 
beteiligten regionalen Akteuren wie Iran, der Türkei, Israel, Saudi 
Arabien eskalieren. Das Vertrauen erodiert zunehmend. Gefährlich 
bleibt die Lage auch, weil Trump mit seinen Ankündigungen und 
Handlungen keine durchdachte Strategie verfolgt, sondern 
Entscheidungen emotional, sprunghaft aus dem Bauch heraus trifft. Was
erreicht er also jenseits der Befriedigung seines Egos mit Aktionen 
wie der von Samstag?
   Das Ziel, Vergeltung für ein Kriegsverbrechen zu üben, dem 
Diktator eine Lektion zu erteilen, jedenfalls kaum. Es fehlt eine 
langfristig angelegte Strategie, etwa wie man Assad stürzen, den 
starken Einfluss Russlands wieder eindämmen oder die Verbündeten 
Israel und Saudi-Arabien gegen Irans Machtausdehnung in der Region 
schützen kann. Dafür reicht ein begrenzter Luftschlag nicht. 
Notwendig wäre neben vielfältigen diplomatischen und militärischen 
Initiativen eine deutliche Aufstockung der US-Truppen. Genau das 
Gegenteil aber versprach Donald Trump seinen Wählern. Und noch jüngst
kündigte er gegen den erklärten Willen seiner Berater an, dass er die
vorhandenen 2000 Soldaten bald abzuziehen gedenke.
   Politisch und militärisch chaotisieren die USA seit dem Irakkrieg 
von 2003 in der Region herum, was sich verheerend ausgewirkt hat. 
Nach dem krachend gescheiterten Versuch der Bush-Administration, den 
Nahen Osten gewaltsam zu demokratisieren, und dem schleichend 
abnehmenden Engagement unter Barack Obama weiß nun Donald Trump 
überhaupt nicht mehr, welchen Kurs er in einer der für den 
Weltfrieden gefährlichsten Regionen der Erde verfolgen will. Dies ist
unverantwortlich und eines US-Präsidenten unwürdig, der einmal den 
Anspruch hatte, Führer der freien Welt zu sein.
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