Kommentar / Corona zeigt Schwächen des Föderalismus = Von Gregor Mayntz

Wenn der Hintergrund nicht so ernst wäre, böte die
Intervention von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller von der SPD
Anlass zur Heiterkeit. Er kritisiert tatsächlich das unterschiedliche Vorgehen
der Behörden in Deutschland in Sachen Coronavirus und warnt vor einem
„Flickenteppich“. Nun, so kann man es sehen, wenn NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz,
Bayern und weitere Bundesländer klar festlegen, dass alle Veranstaltungen ab
1000 Besuchern vorerst nicht mehr stattfinden sollen und Müller selbst das
Bundesligaspiel zwischen Union Berlin und Bayern München für unbedenklich hält.

Deutschland stößt erneut auf die Schwachstellen seiner Sicherheitsarchitektur.
Das wurde klar bei der Abwehr von Terror-Gefahren, als der Islamist Anis Amri
wegen unterschiedlicher Einschätzungen seiner Gefährlichkeit durch verschiedene
Landesbehörden das verheerende Breitscheidplatz-Attentat begehen konnte. Und das
wird auch jetzt bei der Abwehr von Gesundheitsgefahren wieder deutlich.

Es gibt zwar ein einheitliches Infektionsschutzgesetz. Doch sowohl die
Vorbeugung in Form von Reserven und Vorräten als auch das Auslösen von
Mechanismen regelt jedes Bundesland selbst. Umso wichtiger ist es jetzt in der
akuten Krise, dass die Politik einen kühlen Kopf bewahrt und auf
Profilierungsversuche mit Corona verzichtet. Bereits vor einer Woche wusste der
Bundesgesundheitsminister, dass die Behörden die Abläufe zu schlecht geübt
hatten. Wenn das Schlimmste überwunden ist, gehört die Krisenbekämpfung weit
über Corona hinaus auf den Prüfstand. Das Virus tritt nicht in föderal
unterschiedlichen Ausprägungen auf. Es empfiehlt sich daher, den Empfehlungen
von Bundesbehörden eine größere Verbindlichkeit zu geben.

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