LaiW-Studie des Deutschen Philologenverbandes: Gymnasiallehrer mehrheitlich beruflich hoch belastet

– Trotz hoher Arbeitsbelastung und schwieriger Rahmenbedingungen
sind die meisten mit dem Beruf zufrieden und bewältigen das
Arbeitspensum dank ausgeprägter Leistungsbereitschaft
– Deutscher Philologenverband mahnt: Das Gymnasium darf nicht nur
durch chronische Überlastung der Lehrer funktionieren
– DAK-Gesundheit fordert Sondersitzung der Kultus- und
Gesundheitsminister

Zwei Drittel der mehr als 176.000 Gymnasiallehrer in Deutschland erleben in
ihrem Schulalltag eine hohe oder sehr hohe berufliche Belastung. Die empfundene
Belastung steigt mit längeren Arbeitszeiten noch einmal deutlich an: So sprechen
74 Prozent der Lehrer an Gymnasien mit 40 bis 45 Wochenstunden von einer hohen
bzw. sehr hohen Belastung; von denen mit über 45 Wochenstunden sagen dies sogar
83 Prozent. Das ist eines der Ergebnisse der vom Deutschen Philologenverband
(DPhV) in Auftrag gegebenen Studie „Lehrerarbeit im Wandel“ (LaiW).Studie des
Deutschen Philologenverbandes unterstützt durch die DAK-Gesundheit „LEHRERARBEIT
IM WANDEL“

Die Studie wurde vom Institut für Präventivmedizin der Universitätsmedizin
Rostock durchgeführt – unterstützt von der DAK-Gesundheit. Mit über 16.000
ausgewerteten Datensätzen der online befragten Gymnasiallehrer ist sie die
bisher umfassendste Erhebung zu dieser Thematik. „Neun von zehn Lehrern
beschreiben das zu hohe Arbeitspensum als besonders belastend“, sagt Prof. Dr.
Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands. „Lehrern
wird ihr Beruf durch schlechte Rahmenbedingungen und die Delegierung neuer
Aufgaben von Seiten der Politik immer weiter erschwert. Wir können nicht
stillschweigend in Kauf nehmen, dass unsere Gymnasien nur noch durch eine
chronische Überlastung der Lehrkräfte funktionieren.“

Fehlende Ruhezonen, hohes Arbeitspensum und viel Lärm

Schlechte Rahmenbedingungen stressen die Gymnasiallehrer: Die große Mehrheit (74
Prozent) vermisst Ruhezonen, die Hälfte leidet unter einem hohen Lärmpegel im
Klassenzimmer und mehr als ein Drittel der Lehrkräfte kann sich nicht
ausreichend erholen. Vier von zehn Lehrkräften schlafen schlecht. „Wir müssen
das Thema Lehrer-Gesundheit in den Fokus der Öffentlichkeit rücken“, sagt
Andreas Storm. Der Vorstandschef der drittgrößten gesetzlichen Krankenkasse
fordert eine Sondersitzung der Kultus- und Gesundheitsminister aller
Bundesländer. „Notwendig ist ein Gesundheitsgipfel Schule“, so Storm.

Hohe Zufriedenheit mit Lehrerberuf

Trotz der bestehenden hohen Belastung sind drei Viertel der Befragten mit ihrem
Beruf sehr zufrieden bzw. zufrieden. Entsprechend hoch ist auch die
Bereitschaft, das anfallende Arbeitspensum abzuarbeiten. Die Zufriedenheit mit
dem Lehrerberuf basiert im Kern auf vier Punkten: An erster Stelle steht mit 45
Prozent die Arbeit mit den Schülern, gefolgt von der flexiblen Zeiteinteilung
(42 Prozent). Die Autonomie im Unterricht und die Zusammenarbeit mit den
Kollegen sind weitere zufriedenheitsstiftende Aspekte. „Die meisten Lehrer sind
trotz hoher Arbeitsbelastung mit ihrem Beruf zufrieden und die Arbeit mit den
Schülern macht ihnen Freude“, so Lin-Klitzing.

Viele Lehrer haben eine Sieben-Tage-Woche

Unzufriedenheit lösen bei gut einem Drittel der Befragten lange Arbeitstage aus
sowie stetig zunehmende Mehraufgaben – auch aus dem außerunterrichtlichen
Aufgabenspektrum. Die in einer regional abgegrenzten Teilstichprobe zusätzlich
durchgeführte Arbeitszeit-Abfrage mittels einer App dokumentiert bei vielen
Lehrern lange Arbeitstage und eine Sieben-Tage-Woche. Häufig gelingt keine klare
Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, wodurch es für die Betroffenen schwer
ist, sich am Feierabend und am Wochenende effektiv zu erholen. Weitere Gründe
für Unzufriedenheit sind zunehmende Verwaltungsaufgaben und behördliche Vorgaben
(jeweils 18 Prozent).

Im Unterricht empfinden Lehrer vor allem die Leistungsunterschiede zwischen den
Schülern als belastend (95 Prozent). Außerdem sind für jeden Zweiten der
Lärmpegel und verhaltensauffällige Schüler eine große Belastung. Dazu kommen die
Mängel in der schulischen Infrastruktur: So hält lediglich jeweils ein Viertel
die Arbeitsplätze in der Schule und das Angebot an Ruhezonen für ausreichend.

Schulbezogene Präventionsmaßnahmen dringend notwendig

Nach Ansicht des Instituts für Präventivmedizin sind schulbezogene
Präventionsmaßnahmen dringend notwendig, um die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit
der Lehrer längerfristig zu erhalten. „Lehrer benötigen einen modernen Arbeits-
und Gesundheitsschutz, weil sie hohe Anforderungen zu bewältigen haben und einen
erheblichen Beitrag zum gesellschaftlichen Gemeinwohl leisten“, erklärt die
wissenschaftliche Projektleiterin der Studie, Dr. Reingard Seibt.

Andreas Storm ergänzt: „Die Studie zeigt, dass Lehrer dringend Unterstützung
beim Gesundbleiben brauchen. Nur wenn sie selbst fit sind, können sie den
Schülern einen gesunden Lebensstil vermitteln. Schule muss zu einem Ort der
Gesundheit werden.“

„Der DPhV unterstützt nachdrücklich die Forderung nach einem nachhaltigen
Gesundheitsmanagement an den Schulen“, so Prof. Dr. Lin-Klitzing.

Viele Lehrer gehen krank zur Arbeit

Wie die LaiW-Studie weiter zeigt, fehlt bei all der Belastung die deutliche
Mehrheit der Lehrer (78 Prozent) wegen Krankheit nur wenige Tage im Jahr. Bei
neun von zehn Lehrern kommt es innerhalb eines Jahres vor, dass sie trotz
Krankheitsgefühl zum Dienst gehen – bei mehr als einem Drittel sogar gegen
ärztliche Empfehlung. Obwohl die große Mehrheit angibt, auf ihre Gesundheit und
ein gesundheitsförderliches Verhalten zu achten, gelingt nur der Hälfte eine
gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit.

Fast die Hälfte der Gymnasiallehrer wünscht sich vor allem, dass die Politiker
das Stunden-Deputat absenken (46 Prozent) und die Anzahl der Schüler pro Klasse
verringern (32 Prozent). Je ein Fünftel möchte, dass sich der Umfang
außerunterrichtlicher Pflichten und Verwaltungsaufgaben verringert und die
organisatorischen Rahmenbedingungen der Arbeit optimiert werden.

Der Deutsche Philologenverband setzt sich deshalb für bessere schulische
Rahmenbedingungen ein. Sie müssen schnell und umfassend realisiert werden, um
die Lehrkräfte sofort zu entlasten. Der DPhV fordert:

Belastung senken:

– Entlastung der Lehrkräfte, auch für außerunterrichtliche
Tätigkeiten, durch mehr Anrechnungsstunden
– Deutliche Senkung der Regelstundenzahl
– Reduzierung von Verwaltungsaufgaben
– Für jede Zusatzaufgabe muss eine andere entfallen

Unterstützung steigern:

– Leistungsheterogenität senken
– Kleinere Klassen bilden
– Zusätzliche Verwaltungskräfte an Schulen einstellen
– Umgang mit verhaltensauffälligen Schülern stärken
– Professionelle Unterstützungskräfte einsetzen, z.B.
Schulpsychologen vor Ort an jeder Schule
– Individuelle Förderung durch zusätzliche Lehrkräfte/Förderkräfte
ermöglichen

Zufriedenheit erhalten:

– Bessere materielle Ausstattung der Schulen
– Mehr Arbeitsplätze für Lehrkräfte

Prävention beginnen:

– Ruhige Rückzugsorte in der Schule
– Maßnahmen zur Gewährleistung der Erholungsfähigkeit für
Lehrkräfte: Kombination aus arbeitsorganisatorischen Maßnahmen
(Stundenplangestaltung, Rückzugsräume) und Maßnahmen zur
Verhaltensprävention
– Bessere Ausstattung und Lärmschutz an den Schulen

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