Bei kaum einem Thema schwappen die Emotionen so
hoch wie beim Umgang mit schweren Sexualstraftätern. „Wegschließen
für immer“ war Kanzler-Losung (Gerhard Schröder) und ist noch immer
Volksmeinung, die sich entlädt, sobald solche Menschen oder ihre
Therapieeinrichtungen in der Nachbarschaft auftauchen. Und es gibt
noch viel radikalere Sprüche, zum Teil freilich auch geschürt. Die
Rechtsprechung der obersten Gerichte stößt in diesem Bereich an eine
Akzeptanzgrenze. Das galt besonders für die Urteile des Europäischen
Gerichtshofes und des Verfassungsgerichtes gegen die nachträgliche
Sicherungsverwahrung, in deren Folge viele Sexualstraftäter
freikamen. Das wird auch für das gestrige Karlsruher Urteil zum
Psychiatrie-Unterbringungsgesetz gelten, das diese Folge eigentlich
mindern sollte. Denn das Gericht erlaubt zwar die weitere
Unterbringung ehemals sicherungsverwahrter Delinquenten, jedoch nach
so strengen Kriterien, dass die Zahl sehr klein sein wird. Außerdem
muss sich die psychiatrische Unterbringung vom normalen Vollzug klar
unterscheiden, denn die Strafe haben die Betroffenen ja schon
abgesessen. Es ist der Versuch eines Kompromisses, doch vielen wird
dieses Urteil nicht reichen. Viele werden denken, die Herren und
Damen Richter würden anders richten, wenn ihr eigenes Kind ein
Mordopfer wäre. Das würden sie, aber dann würden sie wegen
Befangenheit auch kein Urteil sprechen dürfen. Denn ihre Aufgabe ist
es, unter allen Umständen die Grundrechte zu sichern, darunter das
Grundrecht auf Menschenwürde und Freiheit. Und das gilt für alle.
Mehr als die nun formulierten wenigen Ausnahmen von diesem Grundsatz
darf sich unsere Gesellschaft um ihrer selbst willen nicht leisten.
So schwer das hier auch fällt.
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