Zuerst die Merkel-Truppe mit dem Moratorium für
die Atomkraftwerke, dann im UN-Sicherheitsrat die Enthaltsamkeit bei
Libyen und jetzt auch noch der Staatskonzern beim Jahrhundertbahnhof
in Stuttgart – wenn es zu schwierig zu werden droht in Deutschland,
drücken derzeit die Verantwortlichen die Pausentaste. Erst mal
passiert dann gar nichts mehr. Nun geht allerdings der Film nicht
deswegen ganz anders weiter, weil man zwischendurch auf Stopp geht.
Und deswegen auch ist die Unterbrechung noch lange kein klares Signal
der Veränderung. Bei Stuttgart 21 deutet im Gegenteil Vieles darauf
hin, dass der Baustopp nicht etwa einer besseren Einsicht geschuldet
ist, sondern ein Schachzug beim Spiel um die Kostenaufteilung.
Ähnliches droht im Übrigen auch beim mehr oder weniger beschleunigten
Atomausstieg, denn in beiden Fällen müssen die beteiligten Firmen
schon aus rechtlichen Gründen darauf bestehen, dass ihnen nicht die
Lasten politischer Entscheidungen aufgebürdet werden. Die Pausentaste
ist vor allem der Erkenntnis geschuldet, dass jetzt keiner so recht
weiß, wie man aus den Sackgassen wieder rauskommt, in die uns alle
die schwarz-gelbe Herrlichkeit geführt hat. Die neue, grün geführte
Landesregierung in Baden-Württemberg wird sowohl beim Bahnprojekt wie
auch beim Atomausstieg mit erheblichen finanziellen Problemen zu
kämpfen haben. Wenn erst einmal rechtsverbindliche Entscheidungen
gefällt worden sind, gibt es keinen einfachen Ausstieg. Und deswegen
sind all die Stopps und Denkpausen ein kostspieliger Beweis dafür,
dass eine Politik gegen einen guten Teil der Bevölkerung mit zu hohen
Risiken behaftet ist. Wer in wesentlichen Fragen sich allzu weit von
einem parteiübergreifenden Konsens entfernt, darf dann nicht
überrascht sein von den Folgewirkungen der neuen politischen
Mehrheiten. Der Bahnhof in Stuttgart war seit Monaten ein Großprojekt
ohne hinreichenden Rückhalt in der Bevölkerung. Er wurde geplant im
Vertrauen darauf, dass ihn die Staatsmacht im Zweifelsfall auch gegen
eine breite Protestbewegung durchsetzt. Deswegen auch sollten die
derzeit so beliebten Pausentasten eine nachdrückliche Warnung an alle
sein, die weiterhin davon ausgehen, dass im Zweifelsfall immer
einfache parlamentarische Mehrheiten reichen – beispielsweise auch
für die Tagebaubefürworter in Brandenburg. Politiker, die
durchpeitschen wollen, was sie nicht hinreichend begründet haben,
sind leider im Nachhinein nicht haftbar zu machen. Aber die Wähler
merken sich sehr wohl, wer die Suppe eingebrockt hat, die dann von
allen ausgelöffelt werden muss.
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