Kinderehen sind kein Spaß, ganz gewiss für die
betroffenen Mädchen nicht, und oft auch nicht für die Jungen, die in
manchen Regionen dieser Welt diesem archaischen Ritus ausgesetzt
werden. Sie bedeuten das abrupte Ende der Kindheit und oft den Beginn
einer lebenslangen Gefangenschaft. Sie sind ein schwerer Verstoß
gegen die individuelle und sexuelle Selbstbestimmung. Es ist absolut
richtig, Kinderehen hierzulande gar nicht erst anzuerkennen. Null
Verständnis, null Recht, null Toleranz. Nur: Was ist ein Kind? Im
antiislamischen Furor – und der treibt neben allem humanitären
Bemühen die Gesetzesnovelle auch an – geht so manche Differenzierung
verloren. Mindestens müsste eine Gesellschaft, die gerade darüber
nachdenkt, das Wahlalter auf 16ïEUR®Jahre zu senken, doch das Thema
ab diesem Lebensjahr etwas anders sehen. In vielen anderen
Gesellschaften wird generell viel jünger geheiratet als bei uns.
Manchmal sogar ohne Zwang. Und selbst in Deutschland kam es bislang
vor, dass eine etwas frühreife 17-Jährige ihren 23-jährigen Freund
heiratete, zum Beispiel, weil ein Kind unterwegs war. Mit der
geplanten ausnahmslosen Anhebung des Heiratsalters auf 18ïEUR®Jahre
wird nun das buchstäbliche Kind mit dem Bade ausgeschüttet, für
Deutsche wie für Zugezogene. Nur für die Altfälle aus dem Ausland
soll es hier noch eine Härtefallprüfung geben. Die bisherige
Regelung, eine bestehende oder neue Vermählung ab 16 Jahre
zuzulassen, wenn einer der Partner volljährig ist und wenn zudem ein
Familiengericht zugestimmt hat, war besser, weil menschengerechter.
Sie bot Kontrolle gegen Zwangsverheiratungen und erlaubte
gleichzeitig stärker die Würdigung jedes Einzelfalles – und Menschen
sind nun einmal verschieden. Auch verschieden heiratsfähig.
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