Genau ein Jahr nach der Bundestagswahl ist die SPD
aus ihrem Keller der Schande herausgekrochen, aber für ein fröhliches
„Auferstanden aus Ruinen“ reicht es noch nicht. Die 30 Prozent in den
aktuellen Umfragen sind auch nur eine Momentaufnahme, die mindestens
ebenso sehr den Fehlleistungen der schwarz-gelben Regierung
geschuldet ist wie den eigenen Leistungen. Fakt ist immerhin, dass
die befürchtete Selbstzerfleischung nach dem Desaster vom
27.September 2009 vermieden werden konnte. Fakt ist auch,
dass die Partei eine Kultur des innerparteilichen Dialogs entwickelt
hat, die basisdemokratischer geworden ist. Und die offenbar zu einer
besseren Orientierung an der Lebenswirklichkeit der Menschen führt.
Das gilt für die Rente mit 67 ebenso wie für Hartz IV und die Steuern
– jene Themen, bei denen der gestrige Parteitag weitere behutsame
Korrekturen der eigenen Regierungspolitik vorgenommen hat.
Doch das Misstrauen der Wähler sitzt nach den Erfahrungen mit
Schröders Agenda 2010 und Münteferings Rentenreform noch sehr tief.
Gerade bei den Menschen, die vom Abstieg bedroht oder schon
abgestiegen sind. Dieses Misstrauen gilt weniger der Partei – bei der
spürte man stets, dass ihr der Reformkurs nicht behagt. Es gilt und
galt den Personen, die sie repräsentieren. Dass sie, einmal an der
Macht, doch wieder machen, was sie wollen – diese These, für die
viele Wähler empirische Belege zu haben meinen, müssen die Gabriels
und Steinmeiers erst noch widerlegen. Oder vergessen machen. Die SPD
braucht wohl mehr als ein Jahr.
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