Lausitzer Rundschau: De Maizière hat recht Zur Sicherheitsarchitektur des Bundesinnenministers

In alten amerikanischen Krimis versuchten die
Gangster immer, die nächste Staatsgrenze zu erreichen, Texas zum
Beispiel. Weil die Polizei in den USA streng föderal organisiert war,
durfte sie nicht hinterhereilen. Es sei denn, das FBI, die
Bundespolizei, übernahm den Fall. Die machte das aber nur, wenn es um
ganz dicke Fische wie Bonnie und Clyde ging. Eine ähnliche
Assoziation muss auch Innenminister Thomas de Maizière gehabt haben.
Er will, dass bei Terroristen, abzuschiebenden Ausländern,
Verfassungsfeinden und im nationalen Katastrophenfall über die
jetzige Grundgesetzregelung hinaus der Bund immer zumindest mit
zuständig sein soll. Die bisherige Hoheit der Bundesländer über die
Polizei und die innere Sicherheit würde also stark eingeschränkt. Und
de Maizière hat recht. Nicht mit allen seinen Forderungen, aber mit
den meisten. Vor allem mit denen, die die Kompetenzverteilung neu
organisieren. Denn der Fall des Berliner Attentäters Amri hat
exemplarisch gezeigt, dass das föderale Kleinklein dieser Art von
Herausforderung nicht Herr wird. Wenn der als Asylbewerber abgelehnte
und als Gefährder eingestufte Amri, wie geschehen, in
Baden-Württemberg nach zwei Tagen aus der Abschiebehaft entlassen
wird, in Nordrhein-Westfalen keine engen Wohnsitzauflagen bekommt, in
Berlin der Staatsanwaltschaft aus den Augen gerät, zu Weihnachten vor
der Gedächtniskirche zwölf Menschen umbringen kann und anschließend
unbehelligt durch halb Europa reist, dann hat hier auch der
Föderalismus versagt. De Maizières Forderung nach einer Bundeshoheit
für Schleierfahndungen auch jenseits der 30-Kilometer-Zone ist ebenso
logisch wie die verlangte zentrale Zuständigkeit für Abschiebungen.
Hier können die Länder übrigens eigentlich froh sein, wenn ihnen
einer die Drecksarbeit abnimmt. Und dass der Verfassungsschutz
endlich bundesweit organisiert werden muss, ist spätestens seit dem
Versagen einiger Mini-Landesämter in der NSU-Affäre klar. Allerdings,
eine Ergänzung muss man schon machen: Die Bundespolizei sollte dann
auch eingreifen, wenn einzelne Länder bei der Bekämpfung rechter
Gewalt versagen, zum Beispiel bei Übergriffen gegen Flüchtlingsheime.
Es wird natürlich ein Wehklagen geben, der Föderalismus werde
geschwächt. Das ist tatsächlich nicht gut für unser Land, dessen
Leistungskraft auch aus seiner föderalen Vielfalt herrührt. Aber die
Länder sollten gar nicht erst versuchen, Leistungskraft dort zu
beweisen, wo sie schon von der Natur der Sache her nur wenig leisten
können, nämlich beim grenzübergreifenden Terrorismus, der
Cybersicherheit und der organisierten Kriminalität. Sie sollten sich
lieber auf ihre originären Stärken konzentrieren: Bildung und Kultur.
Täten sie wenigstens das in ausreichendem Maße, müsste der Bund
übrigens nicht auch noch mit seinem Geld dafür sorgen, dass die
Schulen saniert werden.

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