Die in Deutschland lebenden Ausländer haben die
Sorge, dass die über sie geführte Debatte so enden könnte, wie die
Asyldebatte Anfang der 90er-Jahre. Damals brannten Flüchtlingsheime.
Die Sorge ist nicht unbegründet. Insofern war es gut, dass beim
Integrationsgipfel endlich wieder mit den Migranten geredet wurde,
statt über sie. Unter dem Deckmantel der Aufdeckung von Versäumnissen
findet seit Sarrazins Buchveröffentlichung eine Sammlung menschlicher
Vorurteile statt. Parallelgesellschaften, Zwangsehen, islamistische
Gefahr, Minarette, Sozialschmarotzer. Es ist ein Müllberg des Frusts,
der Angst und der intellektuellen Bequemlichkeit.
Integrationsverweigerer zum Beispiel, das große Thema der vergangenen
Tage, gibt es in der Realität kaum. Im Gegenteil, der Andrang auf die
Kurse ist groß. In der Debatte ist die Differenzierung verloren
gegangen, denn die konservativen Parteien haben Angst vor einer
rechten Konkurrenz. Und die linken haben Angst vor unbequemen
Wahrheiten. Es gibt aber nicht die Ausländer, es gibt auch nicht das
eine Integrationsproblem. Sondern es gibt viele Probleme und Themen,
die alle einen eigenen Zugang verlangen. Die Integration der hier
lebenden Migranten ist das eine große Thema, vor allem der Kinder.
Hier hat die große Koalition mit den Integrationsgipfeln und dem
Integrationsplan erhebliche Fortschritte geleistet. Diese Linie setzt
auch die neue Regierung fort. Allerdings, die Tonlage gegenüber den
Migranten ist fordernder geworden. Wer hier leben will, der muss…,
so fangen neuerdings oft Sätze an. Und dann folgen: Leitkultur,
Deutschkenntnisse, Grundgesetz, Gleichberechtigung, Kopftuchverbot.
Alles richtig, aber vielleicht sollte man in einem Land mit so vielen
verschiedenen Menschen auch mal sagen: Wer dieses Land regieren will,
der muss… Zum Beispiel genug Geld für Deutsch- und
Integrationskurse zur Verfügung stellen. Das zweite Thema ist das
Asyl. Es ist eigentlich kein großes Problem mehr und wird als
humanitärer Grundsatz zum Glück kaum in Frage gestellt. Schwieriger
ist der dritte Komplex, die Zuwanderung. Neue Ausländer ins Land
holen, davor haben die konservativen Parteien eine ungeheure Angst.
Aber Kinder, die schon qua Elternhaus mit deutscher Leitkultur
geboren werden, gibt es bekanntlich immer weniger. Über die Gründe
dafür zu reden, wäre übrigens auch mal ein Gipfeltreffen wert.
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