Die Politik ist nicht fremd gesteuert. Aber sie
ist beeinflussbar. Und Einfluss zu nehmen, das ist die Aufgabe von
Lobbyisten. Die Umstände des Datendiebstahls im
Gesundheitsministerium haben nun auch etwas Gutes: Sie rufen in
Erinnerung, dass die Politik sich immer noch ziert, klare und
transparente Regeln für den Lobbyismus in Deutschland einzuführen.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Beziehungen von Wirtschaft,
Verbänden und Politik sind in den vergangenen Jahren immer enger
geworden. In Berlin erlebt das jeder Abgeordnete, aber auch jeder
Journalist täglich: Tausende Lobbyisten versuchen, Meinung zu machen.
Oder Einfluss auf die Gestaltung von Politik zu nehmen. Oft ganz
persönlich. Der Gesundheitsbereich ist dafür ein Paradebeispiel. Er
ist der größte Tummelplatz für Interessenvertreter. Von Ärzten und
Apothekern über Krankenkassen bis hin zu den Patienten, überall geht
es ums ganz große Geld, um die Verteilung von Milliarden in einem
immer komplizierter werdenden System. Lobbyisten übernehmen daher
gerne die Aufgabe von Beratern, aber nicht nur. Sie sind auch
Einflüsterer, die für ihre Gruppen und Branchen möglichst viele
Vorteile herausschlagen wollen. Politiker, auch Journalisten, die
dann keine selbstbewusste Distanz halten können, leben gefährlich.
Das heißt nicht, dass der Lobbyismus immer zum Schaden sein muss.
Viele Verbände setzen sich für die Gesellschaft ein. Sie suchen den
Kontakt zu Politikern und geben den Menschen eine Stimme, die sonst
vielleicht nicht gehört werden. Aber das Positive des Lobbyismus kann
das Negative eben nicht aufwiegen. Deshalb muss sich die Politik
endlich darüber klar werden, wie der Lobbyismus in Deutschland besser
kontrolliert werden kann. Vertrauen in das Zustandekommen von
politischen Entscheidungen setzt Transparenz voraus. Nach wie vor
gibt es kein gesetzlich verankertes Register, in dem Auftraggeber,
Mitarbeiter oder Budgets von Interessenvertretern überprüft werden
können. Auch gibt es keinen Verhaltenskodex für Interessenvertreter.
Zudem muss der Einsatz von Beratern in Ministerien endlich
nachvollziehbarer werden. Natürlich kann der Blick von außen für
verstaubte Ministerialbürokratien hilfreich sein. Nur sollte dann
auch jeder wissen, dass externer Sachverstand zurate gezogen wurde.
Alles andere untergräbt die Glaubwürdigkeit von Beschlüssen. Und es
muss endlich eine angemessene Karenzzeit für Abgeordnete und Minister
geben, denn bei einem raschen Seitenwechsel droht oft eine
Interessenverquickung. Das hat Bundestagspräsident Norbert Lammert
erst kürzlich wieder angeregt. Gehört worden ist er bislang nicht.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
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