Lausitzer Rundschau: Die falschen Heldinnen Zum Urteil gegen die russische Punkband „Pussy Riot“

Bei aller berechtigten Kritik an Wladimir Putins
Unrechtsstaat bleibt eines zu bedenken: Das sogenannte Punk-Gebet von
„Pussy Riot“ in der Moskauer Erlöserkathedrale war mehr als eine
Geschmacklosigkeit. Es war eine Straftat, und zwar nicht nur nach den
oft dehnbaren russischen Gesetzen. In Deutschland kann die
„Beschimpfung von Religionsgesellschaften“ nach Paragraf 166 StGB mit
bis zu drei Jahren Haft geahndet werden. Man stelle sich einmal eine
Neonazi-Band vor, die in der Münchner Hauptsynagoge ein antijüdisches
Hass-Gebet rockt. Nun sage niemand, die Pussy-Punks seien doch die
Guten und die Neonazis die Bösen! Es geht um die Würde der Religionen
und nicht um politische Vorlieben. Im Übrigen hat das Punk-Gekreische
vor den heiligen Ikonen, das um die hoch originelle Songzeile
„Göttlicher Dreck, Dreck, Dreck“ kreiste, nichts mit dem Recht auf
Meinungsfreiheit zu tun. Der Auftritt war eine peinliche,
selbstverliebte Provokation. Er hat dem friedlichen und kreativen
Protest der Anti-Putin-Opposition Schaden zugefügt. Die jungen Frauen
von „Pussy Riot“ taugen nicht zu Märtyrerinnen. Der wochenlange
Free-Pussy-Protest im Westen ist deshalb wohlfeil und zeugt von einer
schwer erträglichen Doppelmoral. Das ist umso bitterer, als Putin
sein Land in den ersten 100Tagen seiner dritten Amtszeit
tatsächlich weiter von einer gelenkten Demokratie in eine autoritäre
Selbstherrschaft verwandelt hat. Man denke nur an das Gesetz über die
Nichtregierungsorganisationen, deren Vertreter künftig als Agenten
gebrandmarkt werden können, sobald sie Unterstützung aus dem Ausland
erhalten. Den Finger in diese Wunden zu legen, wäre wichtiger, als
sich um drei dubiose Punk-Damen zu scharen. Es ist ja wahr: Der
Prozess gegen „Pussy Riot“ hatte wenig mit einem rechtsstaatlichen
Verfahren zu tun. Man kann auch das Strafmaß hinterfragen. All das
aber kann man laut und klar sagen, ohne Straftäter zu Heiligen zu
stilisieren. Die Putin-Kritiker hierzulande laufen Gefahr, sich in
Russland komplett unglaubwürdig zu machen.

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