Das jüngste Artillerieduell an der Grenze zwischen
den beiden koreanischen Staaten hat auf spektakuläre Weise noch
einmal all die Gefahren verdeutlicht, die dort nicht nur der Region,
sondern ganz Asien drohen. Erneut versucht das Regime in Pjöngjang
mit Gewalt eine bessere Ausgangsposition für Verhandlungen zu
erzwingen, bei denen es um Überlebenshilfen für eine völlig
herabgewirtschaftete Diktatur geht. Aber solche bewussten
Provokationen wie der Angriff vom Mittwoch bergen angesichts der
Hochrüstung auf beiden Seiten auch enorme Risiken. Es kann nicht
ausgeschlossen werden, dass es eines Tages doch zu einer Eskalation
kommt, die die beiden Landeshälften in einen Krieg stürzt. Da sich
derzeit die Kim-Dynastie der kommunistischen Gewaltherrscher mitten
im Übergang zur nächsten Generation befindet, ist auch völlig offen,
inwieweit die politische und militärische Führung Nordkoreas in der
Lage ist, vernunftorientiert zu handeln und eine solche Katastrophe
zu vermeiden. Wesentlich besorgniserregender allerdings als die neuen
militärischen Auseinandersetzungen sind die Nachrichten, nach denen
im Norden der Halbinsel weiter mit Hochdruck an der Produktion
spaltbaren Materials und damit an der nuklearen Aufrüstung gearbeitet
wird. Damit wird das Regime von einem unberechenbaren Faktor zu einer
massiven Bedrohung nicht nur für den Süden, sondern auch für Japan
und eine beachtliche Zahl amerikanischer Soldaten, die in der Region
stationiert sind. Verantwortlich für diesen Amoklauf in Pjöngjang
ist die Volksrepublik China. Zwar geht Peking inzwischen auf
vorsichtige Distanz zu dem Verbündeten. Aber China unterläuft alle
Bemühungen, Nordkorea zu isolieren und erleichtert dem Regime dadurch
das Überleben. Während das wirtschaftlich immer mächtigere Reich der
Mitte auf allen Kontinenten im Stile einer Großmacht seine Ansprüche
anmeldet, zeigt es vor der eigenen Haustür Schwächen. Verständlich
wird dies nur, wenn man die Ängste der Herrscher in Peking
berücksichtigt. Ein weiterer demokratisch regierter Staat an der
chinesischen Grenze stellt aus Sicht der Regierenden in Peking ein
größeres Risiko dar als das notleidende Nordkorea. Dass die
Staatengemeinschaft solch ein Verhalten nicht herausfordert, sondern
sich abfindet mit dem Unerträglichen, hat weitreichende Konsequenzen
auch über Korea hinaus. Die Kollaboration Pekings mit den Herrschern
in Pjöngjang wird als herausragendes Beispiel für
Verantwortungslosigkeit Schule machen. Der Westen drängt ja noch
nicht einmal auf kleine Schritte – wie beispielsweise den Stopp der
zwangsweisen Rückführung von in China aufgegriffenen Flüchtlingen.
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