Der angeschlagene Euro bedarf weiter einer
intensiven politischen Beatmung, die Energiewende hängt am seidenen
Faden, der Umbau der Bundeswehr droht zum Rohrkrepierer zu werden –
und was tut diese Bundesregierung? Sie streitet über das
Betreuungsgeld, vergleichsweise eine Lappalie, eine Fußnote im
Koalitionsvertrag. Sie streitet darüber so verbissen, dass sogar ein
Koalitionsbruch nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Wie kann das
passieren? Die Antwort ist simpel: Weil Union und FDP auch im vierten
Jahr ihrer Regierung nicht wissen, was sie eigentlich zusammenhält,
wenn man den wechselseitigen Willen zur Macht einmal beiseite lässt.
Dabei sind die Rahmenbedingungen für eine amtierende Regierung selten
so komfortabel gewesen wie jetzt. Kein Land ist bislang so gut mit
der Finanz- und Währungskrise zurechtgekommen wie Deutschland. Die
Beschäftigung ist auf Rekordniveau und die Erwerbslosigkeit auf einem
historischen Tiefststand. Doch diese Regierung zerstört ihre Chancen
permanent selbst. In ihrem Kampf ums politische Überleben greift die
FDP nach jedem Strohhalm, der sich ihr zur Profilierung bietet. Ob
das Erscheinungsbild der Koalition darunter leidet oder nicht, ist
nebensächlich. Aber auch die Union ist hier keinen Deut besser.
CSU-Chef Horst Seehofer hat schon mehrfach mit Koalitionsbruch
gedroht, um den familienpolitischen Irrtum in Gestalt des
Betreuungsgeldes durchzusetzen. Und als sich die C-Parteien dann
untereinander einig waren, „vergaßen“ sie schlicht, die Liberalen
einzubinden. Es fehlt an Handwerk, es fehlt an Gemeinsamkeit, es
fehlt an Disziplin, es fehlt an allem. Nicht nur beim Betreuungsgeld
hängt der Haussegen schief. Es waren CDU-Ministerpräsidenten, die vor
wenigen Tagen im Bundesrat den Oppositionsvorlagen für eine
gesetzliche Frauenquote und einen bundeseinheitlichen Mindestlohn zum
Abstimmungserfolg verhalfen. Zwei Beschlüsse, die sich mit der
FDP-Programmatik genauso wenig vertragen wie Feuer und Wasser.
Insofern ist der Aufstand der Liberalen gegen die jüngsten Windungen
und Wendungen beim Betreuungsgeld sogar verständlich. Der Vorgang
zeigt aber auch, wie schlecht es um die bürgerlichen Werte Achtung
und Vertrauen in dieser bürgerlich genannten Koalition bestellt ist.
Wenn sich Union und FDP aber schon gegenseitig Beine stellen, wie
soll dann der Bürger noch Vertrauen zu dieser Koalition fassen? Was
das Betreuungsgeld angeht, so könnte am Ende irgendein
Formelkompromiss die Risse im Koalitionsgebäude notdürftig kitten.
Vielleicht drückt die FDP im Gegenzug eine Streichung der
Praxisgebühr durch oder die Absenkung des Solidarzuschlags. Mit
verantwortungsvoller Politik hat das allerdings nichts zu tun. Die
Koalition wurstelt sich nur noch durch – noch zwölf quälende Monate.
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