Natürlich muss man dem Nato-Partner Türkei
Patriot-Abwehrraketen samt Bedienmannschaften schicken, wenn der sich
aus Syrien bedroht fühlt. Die Erfüllung eines solchen Hilferufes ist
in einem gemeinsamen Militärbündnis das Mindeste. Und angesichts des
bevorstehenden Zusammenbruchs des Assad-Regimes sind
Verzweiflungs-Akte seiner Armee ja tatsächlich nicht auszuschließen.
Jedenfalls trägt diese Stationierung zur Beruhigung der türkischen
Bevölkerung bei. So weit, so selbstverständlich. Aber eine Strategie
ist das, was da am Freitag im Bundestag beschlossen wurde, noch lange
nicht. Vieles von dem, was Deutschland derzeit im Nahen Osten und
Nordafrika unternimmt, wirkt planlos und zufällig. Wenn man doch so
engagiert auf Seiten der arabischen Revolutionen steht, was sollen
dann die massiven Waffenlieferungen in autokratische Staaten wie
Saudi-Arabien und Katar? Was wollte man dann mit der militärischen
Zurückhaltung im libyschen Bürgerkrieg sagen, die Deutschland bei den
arabischen Revolutionären so viele Sympathien gekostet hat? Und auf
wessen Seite steht Deutschland, wenn es den Vorstoß der Palästinenser
auf Aufwertung ihres Staates in der Uno mit Enthaltung beantwortet,
statt klar mit Ja oder Nein? Was schließlich bedeutet die jetzt mit
der Patriot-Stationierung erfolgende Stärkung der Türkei als
militärische Regionalmacht für die künftige Zusammenarbeit mit diesem
schnell wachsenden Land auch auf anderen Feldern? Was für das
Verhältnis zu Israel? Fragen über Fragen werden aus dieser Region
derzeit an die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik gestellt, aber
in der Regierung wie im Deutschen Bundestag werden sie nicht
systematisch diskutiert, geschweige denn strategisch beantwortet.
Nebenbei: Es ist die erste und wichtigste Nachbarregion Europas.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Weitere Informationen unter:
http://