Lausitzer Rundschau: Flucht nach vorn Politischer Schlagabtausch im Bundestag

Durch die angeschlagene schwarz-gelbe Koalition
scheint so etwas wie ein Ruck zu gehen. Der Redeauftritt der
Kanzlerin im Bundestag geriet für ihre Verhältnisse derart
leidenschaftlich, dass man sich selbst auf den Bänken der Linken die
Augen rieb. Wird nun alles anders? Das vielleicht nicht. Aber
zumindest hat Schwarz-Gelb den Ernst der Lage verinnerlicht. Und wer
am Abgrund steht, der beginnt zu kämpfen. Auch das hat Merkel von
ihrem Ziehvater Helmut Kohl gelernt. Rückblickend lässt sich ihre
Amtszeit seit der jüngsten Bundestagswahl in zwei Phasen einteilen:
Zunächst hat diese Regierung gar nicht regiert, um die Landtagswahlen
in Nordrhein-Westfalen möglichst schadlos zu überstehen. Das ging
bekanntlich in die Hosen. Dann regierte sie so chaotisch, dass der
Opposition die Arbeitslosigkeit drohte. Nun deutet sich eine dritte
Phase an, die der Konsolidierung. Dafür spricht nicht nur Merkels
geradezu euphorisch beklatschte Rede seitens der eigenen Reihen. Auch
inhaltlich scheint sich die Regierung zu fangen. Am Ende der
Sommerpause wurde das heikle Problem der Sicherungsverwahrung
entschärft, eine Grundsatzentscheidung über die Verlängerung der
Atomlaufzeiten getroffen sowie die „heilige Kuh“ der Wehrpflicht
geschlachtet. Auch wenn diese Vorhaben längst noch nicht in trockenen
Tüchern sind, so hat Merkels Truppe in solchen komplexen Fragen
endlich Handlungsfähigkeit bewiesen. Und die Opposition? Sie
konzentriert sich darauf, die Sparpläne der Regierung als sozial
unausgewogen zu brandmarken. Zu Recht. Gleichwohl hat die Regierung
günstige konjunkturelle Rahmenbedingungen auf ihrer Seite. In der
öffentlichen Wahrnehmung dürfte sich deshalb auch manch sozialer
Einschnitt relativieren. Zudem macht es die Opposition in Gestalt der
SPD nicht gerade glaubwürdiger, wenn sie gegen soziale Grausamkeiten
wettert, die sie als Regierungspartei noch selbst beschlossen hatte.

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