Bei den Grünen muss man sich an neue Gesichter
gewöhnen. Auf ihrem Parteitag am übernächsten Wochenende wird Claudia
Roth Abschied nehmen. Und die gestrige Wahl der Fraktionsführung
markiert das Ende von Jürgen Trittin sowie Renate Künast als erste
Garnitur der Partei. Alle drei haben die Grünen seit einer gefühlten
Ewigkeit geprägt. Das überaus enttäuschende Wahlergebnis vom 22.
September zwang jedoch zum Handeln. Nun also Toni Hofreiter und
Katrin Göring-Eckardt. Der eine ist bundespolitisch noch ein
unbeschriebenes Blatt, der anderen wird ein Teil der grünen
Niederlage angelastet. Schließlich war Göring-Eckardt grüne
Spitzenkandidatin. So betrachtet fällt der Neuanfang halbherzig aus.
Kerstin Andreae, die Unterlegene, steht ebenfalls wie Göring-Eckardt
für den Realo-Flügel der Partei. Doch Letztere ist politisch
weichgespülter, weshalb die Parteilinken stärker zu ihr tendierten.
Das ist die bittere Ironie dieser Fraktionswahl: Mit ihrer betont
linken Ausrichtung im Wahlkampf sind die Grünen grandios gescheitert.
Aber der dadurch vermeintlich gestärkte „rechte“ Flügel konnte sich
nicht einmal auf eine gemeinsame Kandidatin einigen. Doch egal, wer
die Fraktion führt – die Zukunft ist wenig rosig. Die Partei ist
nicht nur kleinste Kraft im Bundestag geblieben, sie wird sich aller
Voraussicht nach auch in der Opposition wiederfinden. Und zwar allein
mit den Linken. Bedeutungsverlust pur. Hinzu kommt die politische
Orientierungslosigkeit nach dem Wahldesaster. Andere sind da schon in
einer deutlich komfortableren Lage gescheitert: Die FDP war
Regierungspartei, als sie ihr Spitzenpersonal austauschte. Jetzt
steht sie mit völlig leeren Händen da. Geschichte kann sich auch
wiederholen.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Weitere Informationen unter:
http://