Deutschland steht an der Seite Israels, daran gibt
es keinen Zweifel. Die Sicherung des Existenzrechtes Israels ist
hierzulande Staatsräson. Das liegt in der von Deutschen zu
verantwortenden Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg begründet, aber
auch in der Tatsache, dass Israel das einzige demokratische Land im
Nahen Osten ist und von radikalen Gegnern bedroht wird. Israel steht
uns nahe und wir den Israelis. Unter den jungen Menschen gilt das in
besonderer Weise, wie der Berlin-Hype unter jungen Israelis zeigt –
und die Faszination Tel Avivs bei jungen Deutschen. Da ist
Freundschaft weit über die Gedenkstunden hinaus im Alltag der Völker
angekommen. Kann man dann nicht auch Klartext reden, etwa über den
israelischen Siedlungsbau oder sein Besatzungsregime im
Westjordanland? Über die Wasserverteilung, wie kürzlich
EU-Parlamentspräsident Schulz bei seiner Rede in der Knesset? Viele
hätten sich ähnlich deutliche Worte von Angela Merkel bei den gestern
beendeten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen gewünscht.
Doch die Kanzlerin hat sich mit Kritik zurückgehalten. Die hat sie
gegenüber Premier Netanjahu zwar schon öfter sehr deutlich geäußert –
aber intern. Und das ist richtig so. Nur die USA, Schutzmacht
Israels, sind stark genug, um in der Region Friedensverhandlungen zu
vermitteln, denn Washington wird auch von den anderen
Konfliktparteien ernst genommen. Außenminister John Kerry stürzt sich
gerade mit Verve in diese Aufgabe. Was den USA aber fehlt, sind gute
Gesprächskontakte zum Iran, zu Russland und zu den Palästinensern,
also zu den anderen großen Akteuren in der Region. Hier kommt die EU
ins Spiel, besonders Deutschland. Berlin kann und muss im
Nahost-Friedensprozess assistieren. Es kann Wege ausloten und
absichern. Um diese Rolle ausfüllen zu können, muss die
Bundesregierung sich klug und diplomatisch verhalten. Die Botschaft
des gestrigen Besuches des Bundeskabinetts in Jerusalem musste daher
sein: Wir sind eure Freunde, nicht eure Gegner, auch wenn wir mit
euren Gegnern reden. Die geplante Regelung der Ghetto-Renten und das
Konsularabkommen haben diese Botschaft unterstrichen. Und 2015 wollen
beide Länder feierlich den 50. Jahrestag der Aufnahme ihrer
Beziehungen begehen. Es war für das Gelingen des Treffens der beiden
Kabinette übrigens nicht ganz unwichtig, dass Vizekanzler Sigmar
Gabriel krankheitsbedingt fehlte. Die Erinnerung an seinen vor zwei
Jahren leichtfertig per Facebook verbreiteten Satz, dass Israel im
Westjordanland ein „Apartheid-Regime“ sei, hätte den Besuch womöglich
überschattet. Selbst wenn es keine „politische“ Krankheit gewesen
sein sollte, so war Gabriels Grippe doch politisch ungemein
hilfreich.
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