Lausitzer Rundschau: In der Pflicht Die Bahn und ihre vielen Probleme

Ob die Republik jetzt aufatmen kann, da
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die neuen Probleme bei der Bahn
zur Chefsache gemacht hat? Das wird hoffentlich niemand ernsthaft
annehmen. Die Frage stellt sich anders: Wo sind die Vertreter des
Eigentümers Bund eigentlich gewesen, als der Konzern im Bereich der
Netz-Sparte seine rigide Sparpolitik umgesetzt hat? Wo war an der
einen oder anderen Stelle im Interesse der Kunden ein Veto? Die
Ereignisse in Mainz, die lange Liste der Probleme, mit denen das
Unternehmen in den vergangenen Monaten zu kämpfen gehabt hat, sind
nicht nur ein Debakel für die Bahn. Sie können sich auch rasch zu
einem für die Politik im Bund ausweiten – und damit zum großen
Problem für den Verkehrsminister werden. Wie schnell das gehen kann,
weiß keiner so gut wie Berlins Regierender Bürgermeister. Das
S-Bahn-Chaos in der Hauptstadt hat Klaus Wowereits Ruf ebenso
ramponiert wie das Drama um den Schönefelder Flughafen. Seit Jahren
sind in Berlin viele Züge aufgrund von Wartungsmängeln nicht
einsatzfähig, Notfahrpläne sind zwischenzeitlich an der Tagesordnung.
Der Senat und Wowereit vorneweg haben erst gar nicht, dann zögerlich
reagiert. Wie sich die Dinge jetzt gleichen. In Berlin wurde
jahrelang Personal abgebaut, um die S-Bahn-Gewinne zu steigern,
anschließend nur langsam neues Personal wieder eingestellt. Genau das
ist auch eine Ursache dafür, warum in Mainz die Züge nun still stehen
müssen. Die Bahn hat zu behäbig dort die Personaldecke verbreitert,
wo es dringend erforderlich gewesen wäre. Der allgemeine
Fachkräftemangel ist da noch verstärkend hinzugekommen. Die Vorgänge
in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt sind überdies kein
Einzelfall. Ausbaden müssen das jetzt die Kunden, die schon unter zu
vollen Zügen, Schwierigkeiten mit den Klimaanlagen im Sommer oder
aber den Verspätungen leiden. Zugfahrer – das steht fest – müssen
einiges abkönnen. Umso unverständlicher ist dies, weil die Bahn kein
armes Unternehmen ist. Der Konzern kann mit starken Umsätzen und
ordentlichem Gewinn glänzen. Das wiederum freut den Bund, der dann
mit einer reichhaltigen Dividende rechnen darf – allein im
vergangenen Jahr flossen 525 Millionen Euro in die staatliche Kasse.
Womit sich der Kreis wieder beim Verkehrsminister schließt. Auch er
steht in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Bahn Investitionen in
den Schienenverkehr vorantreibt, mehr Großstädte an den Fernverkehr
anbindet und ausreichend Personal an so wichtigen Punkten wie den
Stellwerken vorhält. Kurzum: Dort, wo es besonders hapert, muss das
Unternehmen endlich mehr tun. Ein viel kräftigerer politischer Druck
ist da durchaus angebracht.

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