Lausitzer Rundschau: Kalkulierbares Risiko Zum zweiten Anlauf für ein NPD-Verbot

Mit dem Beschluss des Bundesrates steht fest, es
wird ein neues NPD-Verbotsverfahren geben. Nach langer Diskussion
sind alle Argumente dafür und dagegen bekannt und die Fakten, die für
einen neuen Anlauf sprechen, überwiegen. Denn wie es scheint, liegt
aussagefähiges Material vor, das den verfassungsfeindlichen Charakter
der NPD und ihre „aggressiv, kämpferische“ Haltung gegen die
Demokratie belegt. Und diesmal sind offenbar keine V-Leute am
Zustandekommen beteiligt. Das erhöht die Erfolgschancen deutlich.
Doch ohne Risiken ist auch der erneute Gang nach Karlsruhe nicht.
Seit 1956 hat es kein Parteienverbot mehr in Deutschland gegeben. Wie
definieren die Verfassungsjuristen inzwischen die für ein Verbot
notwendige „aggressiv, kämpferische Haltung“? Widerliche rassistische
und antisemitische Äußerungen von NPD-Funktionären allein reichen
dafür nicht aus. Und dann ist da noch der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte, bei dem die NPD Schutz suchen könnte. Ein
Parteiverbot wurde dort noch nie überprüft. Trotzdem ist es richtig,
angesichts der Erfolgsaussichten das Verbot zu beantragen. Gerade in
Ostdeutschland, wo die NPD in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen in
den Landtagen sitzt, wird die Partei von Sympathisanten oft damit
verteidigt, sie sei ja nicht verboten. Und jeder Euro
Wahlkampfkostenerstattung, der in die NPD-Kasse fließt, ist einer zu
viel. Das Verbotsverfahren darf jedoch nicht die falsche Hoffnung
wecken, dass die Verfassungsjuristen uns mit einem NPD-Verbot das
Problem des Rechtsextremismus elegant von Halse schaffen könnten. Die
NPD hat weniger als 6000 Mitglieder bundesweit. Gleichzeitig wächst
die Zahl der Neonazis und eine neue rechtsextreme Minipartei steht
als Auffanglager für NPD-ler bereit. Ein NPD-Verbot würde die
rechtsradikale Szene aber organisatorisch ein gutes Stück
zurückwerfen. Ein Zeitgewinn für die zivilgesellschaftliche
Auseinandersetzung mit der braunen Ideologie. Wenn diese jetzt nicht
nachlässt, wäre schlimmstenfalls sogar ein Scheitern des NPD-Verbotes
zu verkraften.

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