Lausitzer Rundschau: Kein Grund zum Feiern Ein Jahr schwarz-gelbe Bundesregierung

Kein Sekt, es gibt nichts zu feiern. Die Regierung
weiß warum. Heute jährt sich die Unterzeichnung des schwarz-gelben
Koalitionsvertrages, und der ist, glaubt man der Selbstkritik der
Akteure, die Ursache des Übels. Wegen seiner vielen nicht
ausverhandelten Lücken. Aber der Koalitionsvertrag hat nicht nur
offene Stellen, er hat vor allen Dingen keine Vision, kein Ziel. Was
will eine christlich-liberale Regierung anno 2010? Wohin führen
Parteien der rechten Mitte heutzutage ein Land? Der Ausstieg aus dem
Atomausstieg ist da eher eine Antwort von gestern. Die Verweigerung
einer geregelten Zuwanderung keine von morgen. Das Vertagen einer
Steuerreform eine vertane Chance. Und das Blockieren von Wettbewerb
und Effizienz im Gesundheitswesen ein Fehler. Um nur ein paar
Beispiele zu nennen. Der Aufschwung ist trotzdem gekommen, stärker
als erwartet. Ohne Zutun dieser Regierung. Wenn sie ihn denn
wenigstens jetzt nutzen würde, um doch noch größere Ziele zu
definieren. Weil es auf dem Arbeitsmarkt besser läuft, könnte man das
Problem des Fachkräftemangels jetzt viel langfristiger angehen, durch
Bildungsreformen im Inland, aber auch durch gesteuerte Zuwanderung.
Dann der Umbau der Wirtschaft hin zur Erzeugung und zum Verbrauch
regenerativer Energien, hin zur Energieeffizienz. Und drittens die
Einleitung einer Steuerreform. Die Regierung aber belässt es bei ein
paar Regeln zur Steuervereinfachung, wieder aus Angst vor den
nächsten Landtagswahlen. So ist die Bilanz bisher: inhaltlich
enttäuschend. Im Auftritt ist sie sogar richtig schlecht. Horst
Seehofer und Guido Westerwelle demontieren beständig das, was
bürgerliche Wähler – und nicht nur sie – von einer Regierung vor
allen Dingen erwarten: Ruhe, Vertrauen, Verlässlichkeit. Angela
Merkel glaubt weiter an die Wirkung ihres moderierenden Stils.
Draußen erscheint das zunehmend als Kuschen vor den Querulanten. Bei
Rot-Grün hatte man den Eindruck: Die mögen sich. Bei der Großen
Koalition hatte man den Eindruck: Die respektieren sich. Bei
CDU/CSU/FDP sieht man weder Zuneigung, noch Respekt. Was bisher zu
sehen ist, ist nur der gemeinsame Wille, an der Macht zu sein und
irgendwie zu bleiben. Das ist, gemessen an den Erwartungen vor einem
Jahr, erbärmlich wenig.

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