Dass Stimmen am Wahlsonntag entscheiden und nicht
Stimmungen in Umfragen, ist eine beliebte Politikerreaktion auf
schlechte Meinungsumfragen. Doch wenn die regierende Koalition nur
noch 37Prozent auf die Waage bringt und allein Rot-Grün
49Prozent, ist das ein klarer Stimmungsumschwung. Denn diese
schlechten Zahlen werden zu einer Zeit gemessen, da die Regierung
gerade das stärkste Wachstum, die besten Steuereinnahmen und die
niedrigste Arbeitslosigkeit seit fast 20Jahren verkündet hat.
Woran liegt dieser Widerspruch? Und wird sich die Stimmung von allein
wieder ändern? Das wäre ein gefährlicher Irrtum. Die Leute verbinden
den Aufschwung nicht mit dieser Regierung. Im Gegenteil, sie halten
diese Regierung für schlecht. Korrigieren kann Schwarz-Gelb den
entstandenen Eindruck nur noch durch eine längere Phase
professionellen Regierens – für die man bisher jedoch nie die
Disziplin aufbrachte – und dadurch, dass man dafür sorgt, dass der
Aufschwung wirklich bei allen Bürgern ankommt. Auf Oppositionsseite
erstaunt der sensationelle Höhenflug der Grünen. Auch nur eine
momentane Zeiterscheinung, wie man an der SPD-Spitze zu glauben
scheint? Schlaft weiter, Genossen. Aus der momentanen Stimmung kann
schnell eine tektonische Verschiebung der politischen Landschaft
werden, zumal die SPD in größten Identitätsproblemen steckt. Renate
Künast hat am Freitag die entsprechende Kriegserklärung für die
Landesebene Berlin überreicht. Auf die Antwort der SPD-Bundesspitze
darf man gespannt sein.
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