Lausitzer Rundschau: Merkels Laufzeitverkürzung Das schwarz-gelbe Energiekonzept und der Atomstrom

Jetzt kann das Spiel ums Atom nur noch schlecht
ausgehen. Niemand kann mehr gewinnen. Die Union nicht, die die
Laufzeitverlängerung im Wahlkampf versprach. Sie ist inzwischen
heillos zerstritten. Ihr Umweltminister Norbert Röttgen und ihr
Fraktionsvorsitzender Volker Kauder reden kaum noch miteinander, was
einer kurz bevorstehenden Schmelze im Kernbereich der Regierung
gleichkommt. Ein Teil der CDU-Ministerpräsidenten ist massiv für die
Verlängerung der AKW-Laufzeiten, ein anderer genauso massiv dagegen.
Und draußen beginnt die Anti-AKW-Bewegung sich wieder mächtig zu
rühren, unterstützt von den meisten Medien und der Mehrheit der
Bevölkerung. Das Atom spaltet die Regierung und vereint die
Opposition. So sieht es aus. Es war ein fundamentaler Fehler von
Merkel, die geplante Brennelementesteuer an die Laufzeitverlängerung
zu koppeln, sodass der Eindruck eines Basargeschäftes entstand. Und
das Geld schon in den Haushalt einzuplanen, was so wirkt, als sei man
bei der Entscheidung gar nicht mehr offen. Das alles muss sie nun
mühsam wieder korrigieren, was wiederum die Wirtschaft gegen die
Regierung aufbringt. Bei allem völlig ungeklärt sind die rechtlichen
Probleme. Selbst die eigenen Verfassungsjuristen bezweifeln, dass
ohne Zustimmung der Länderkammer eine Verlängerung von mehr als acht
Jahren möglich ist. Von nur 2,5 Jahren ist sogar die Rede. Wenn das
stimmt, dann wäre das ganze Affentheater für die Katz gewesen. Wie
immer ein Energiekonzept mit Laufzeitverlängerung aussieht, es wird
einen Rattenschwanz von Protesten und Prozessen hinter sich
herziehen. Soweit bisher bekannt, helfen auch die von der Regierung
bestellten Experten-Gutachten bei der Entscheidung nicht wirklich.
Denn sie bieten nur verschiedene Möglichkeiten an; aber keine
zwingende Begründung. Angela Merkel mag während ihrer Energiereise
noch so versonnen in die Windräder schauen, noch so verträumt dem
Surren der Generatoren lauschen. Da liegt die Lösung nicht, sondern
auf ihrem Schreibtisch, im Koalitionsvertrag. Wenn sie
Seite21, Kapitel Kernenergie, ersatzlos streicht, bricht ihr
zwar ein großer Zacken aus der Krone, aber wenigstens zersplittert
die Krone selbst nicht. Sie kann ja die widerspenstigen Länder oder
die Opposition für das Scheitern dieses Projektes beschuldigen. Macht
sie aber weiter mit dem Thema, könnte es leicht passieren, dass die
Wähler in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sich
im nächsten Frühjahr mit der persönlichen Laufzeit der Kanzlerin
befassen – und sie verkürzen.

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