Lausitzer Rundschau: Missbrauch eines Symbols Polen streiten um Kreuz am Präsidentenpalast

Es ist das wichtigste Symbol der ganzen
Christenheit: Das Kreuz, an dem der Bibel zufolge Jesus Christus auf
dem Hügel Golgatha hingerichtet wurde. Das Kreuz, an dem Jesus starb,
um die Menschheit von ihren Sünden zu erlösen. Das Kreuz, der erste
Schritt auf dem Weg zu Jesu Auferstehung. Und auch wenn in der
christlichen Theologie derzeit heftig über die Bedeutung des
Glaubenssymbols gerungen wird – politisch instrumentalisiert wird das
Kreuzeszeichen derzeit nirgendwo so stark wie in Polen. Denn das
Kreuz, das jugendliche Pfadfinder vor dem Präsidentenpalast
errichteten, ist schon lange kein an Tod und Auferstehung erinnerndes
Grabkreuz mehr. Es ist ein Mahnmal für den verstorbenen Präsidenten
Kaczynski. Es ist eine Erinnerung an seine Politik, die oft
umstritten war. Und wenn die nationalkonservative polnische
Opposition das Gedenkkreuz nun zu einer Waffe im Kampf gegen die neue
Regierung umfunktioniert, ist das vor allem eines: Ein Missbrauch
eines religiösen Symbols, wie er deplatzierter nicht sein kann. Eine
politische Instrumentalisierung von Gedenken, die einfach nur noch
taktlos ist. Und so verständlich es ist, dass Teile der polnischen
Bevölkerung den Wunsch nach einem Kaczynski-Denkmal haben: Besser
wäre es, bis dahin würde noch einiges Wasser die Weichsel
hinabfließen, und die Polen würden sich die Zeit nehmen, einmal
losgelöst von der Tagespolitik Kaczynskis Präsidentschaft zu
bewerten. Hätte man ihm auch dann ein Denkmal errichtet, wenn er
nicht bei einem tragischen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen wäre?
Leichtfertige Heldenkulte und zu früh errichtete Erinnerungsstätten
haben nachfolgende Generationen jedenfalls später oft bereut.

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