Lausitzer Rundschau: Mitgefühlt Gedenken an Opfer bei der Loveparade in Duisburg

Zum Glück war da Hannelore Kraft. Zum Glück sprach
am Samstag sie als einzige Politikerin bei der Trauerfeier am Samstag
für die Toten von Duisburg. Denn jeder, der ihr zuhörte, konnte
spüren, dass diese Frau mitleidet, dass sie, die es gewohnt ist, nach
Belieben zu reden, mit der Sprachlosigkeit und den Tränen kämpfte. Da
war nach Tagen, an denen keiner auch nur einen Deut an Verantwortung
zu übernehmen bereit war, endlich jemand, der die so schwere Last
mitträgt. Denn das Grauen von Duisburg trifft ja nicht nur die
Familien, die um einen der ihren trauern. Hunderte, Tausende von
jungen Menschen, die das Chaos erlebten, haben äußerlich vielleicht
keine Blessuren. Aber wie wehtut das, überlebt zu haben und sich
fragen zu müssen, auf wessen Kosten dies geschah? Die Loveparade hat
tiefe seelische Wunden geschlagen. Anstatt darüber zu reden, erlebten
wir zunächst eine Debatte über die beim Rücktritt verminderten
Pensionsansprüche eines Oberbürgermeisters. Da darf Deutschland dann
mitrechnen, was ein Politiker fürchten muss, wenn er auf das normale
Rentenniveau abstürzt. Das waren beschämende Tage, die wehtun
mussten. Es ist gut, dass Hannelore Kraft am Samstag etwas
zurechtrückte. Es ist gut, dass dieses Stadtoberhaupt von Duisburg,
das sich jetzt nach eigenen Angaben immer noch auf der Suche nach der
Wahrheit befindet, nicht das letzte Wort hat in dieser traurigen
Angelegenheit. Es ist gut, dass Politik nicht einfach gleichgesetzt
werden muss mit egoistischer Verantwortungslosigkeit, sondern sich
durch Mitgefühl, durch Mitleid auszeichnen kann. Denn auch dafür
wählen wir unsere Amtsträger und Repräsentanten. Sie sollen Anteil
nehmen selbstverständlich an der Freude, aber auch am Schmerz, am
Leid der Menschen. Und wer so fühlt, so redet wie Hannelore Kraft,
der weiß dann auch, wann es Zeit ist, zu gehen. Dieses Mitgefühl ist
allerdings nicht nur eine Forderung an Politiker. Es ist ein
Anspruch, dem sich ein jeder zu stellen hat – auch beispielsweise als
Wähler. Es ist ein Weg aus der weitverbreiteten
Politikverdrossenheit, wenn wir alle etwas genauer darauf achten, wem
wir es zutrauen und bei wem wir daran zweifeln, ob er oder sie zu den
Worten in der Lage ist, die trösten und damit helfen. Die frisch
gewählte Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen verbindet mit
der Tragödie der Loveparade 2010 im Übrigen ihre ganz eigene
Geschichte. Ihr Sohn war dabei und sie musste wie Zehntausende von
Müttern und Vätern lange warten, bis sie sicher sein konnte, dass er
zu denen gehört, die wieder nach Hause kommen werden. Vielleicht war
das letztlich entscheidend dafür, dass Hannelore Kraft genau die
richtigen Worte fand. Da sprach eine mitten aus dem alltäglichen
Leben – eine die mehr kann und mehr erlebt hat als nur Politik.

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