Für Angela Merkel war der Parteitag von Essen
lediglich eine erste Etappe auf dem Weg ins Wahljahr. Die Kanzlerin
muss ihre Union in den kommenden Monaten überzeugen, dass sie den
Denkzettel, den ihr die Delegierten bei ihrer Wiederwahl verpasst
haben, auch verstanden hat. Nur dann wird sie die Unterstützung
erhalten, um die sie für den Wahlkampf so überraschend ehrlich und
inständig gebeten hat. Die einhellige Verabschiedung des Leitantrags
mit schärferen Abschieberegelungen und einer „grundsätzlichen“, damit
jedoch dehnbaren Ablehnung von Steuererhöhungen darf Merkel nicht
darüber hinwegtäuschen, dass die Union im Grunde eine verunsicherte
Partei ist. Verunsichert von der Prügel, die sie für Merkels
Flüchtlingspolitik derzeit bekommt, bei nahezu allen Wahlen, bei
vielen Gesprächen mit den Bürgern. Verunsichert von der Konkurrenz
der AfD. Verunsichert, weil die Richtung auch in anderen Fragen nicht
mehr klar ist. Auch viele Wähler wissen im Grunde nicht mehr, warum
sie Merkel für weitere vier Jahre ins Kanzleramt schicken sollen. Das
bedeutet, die Union und ihre Vorsitzende müssen bis zum Wahltag ihre
Konturen noch gewaltig schärfen. Auf dem Parteitag sind erste
Konzepte angestoßen worden. Mehr noch nicht. Wenn die SPD in den
nächsten Wochen die Nominierung ihres Kanzlerkandidaten vorgenommen
hat, geht der Wahlkampf in die erste entscheidende Phase. Dann gilt
es für die Kanzlerin. Vor allem muss sie die CSU einfangen, die den
Streit um eine Obergrenze für den Flüchtlingszustrom immer wieder
schürt. Gelingt im Frühjahr kein gemeinsames Wahlprogramm, dann wird
die innere Verunsicherung der Union offen auf dem Tisch liegen. Eine
knifflige Aufgabe wird das werden. Merkels nächste schwierige Etappe.
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