Nun könnte man sagen: Ronald Pofalla hat sich
entschuldigt für seine Entgleisung, und ein Politiker tickt nicht
anders als jeder andere Mensch, dem aus Ärger mal ein böses Wort
herausrutscht. So einfach ist es aber leider im Fall des
Kanzleramtsministers nicht. Denn die Verbalattacke gegen Wolfgang
Bosbach kann nicht als singulärer Ausrutscher gesehen werden.
Vielmehr muss man sie in den Zusammenhang mit der Lage der Koalition
setzen. Und dann bekommt Pofallas Wutausbruch eine ganz andere
Qualität als die eines peinlichen Schnitzers gegenüber einem
Parteifreund. Pofalla hat nicht nur sich, sondern Schwarz-Gelb
insgesamt einen Bärendienst erwiesen. Seit Bestehen des Bündnisses
hat es gegenseitige Beschimpfungen gegeben, wie sie unter
Koalitionären und Wunschverheirateten unüblich sein sollten.
Gurkentruppe, Wildsau, und so weiter. Aber ausgerechnet Pofallas
Ausrutscher gewährt einen tiefen Einblick in das Seelenleben einiger
Führungskräfte der Koalition, wie es Angela Merkel nicht gefallen
kann. Denn: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Schwarz und Weiß.
Dazwischen scheint es derzeit keine andere politische Schattierung zu
geben. Diese Haltung steckt ja augenscheinlich hinter der
Pofallaschen Entgleisung. Fatal ist das, wenn man bedenkt, dass
alsbald weitere heikle Euro-Entscheidungen anstehen, für die die
Regierung eine eigene Mehrheit benötigt. Für Angela Merkel kommt die
Veröffentlichung der Entgleisung allemal zur Unzeit. Die Ausweitung
des Euro-Rettungsschirms ist mit Kanzlermehrheit beschlossen worden,
die Debatte um die Abweichler begann gerade wieder abzuebben. Jetzt
ist das Fass wieder auf.
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