Lausitzer Rundschau: Rasender Stillstand Bund und Länder ringen um Strompreisbremse

Wohl nur die Wenigsten hatten damit gerechnet,
dass sich diese notorisch zerstrittene Bundesregierung ausgerechnet
beim Reizthema Strompreis einigen kann. Doch gemach. Ein dünnes
Positionspapier von Peter Altmaier und Philipp Rösler mit knapp einem
Dutzend Spiegelstrichen ist noch keine Garantie dafür, dass sich
Schwarz-Gelb bei der Strompreisbremse nun tatsächlich grün ist. Dazu
sind wichtige Passagen, wie etwa die zu den Mehrbelastungen für
stromintensive Betriebe, viel zu unkonkret formuliert. Hier drängen
sich traurige Parallelen auf: Vor ein paar Monaten glaubten Union und
FDP auch schon mal, ein gemeinsames Rentenkonzept gegen Altersarmut
aus der Taufe gehoben zu haben – um kurz darauf festzustellen, dass
jeder etwas anderes darunter versteht. Dieses Schauspiel könnte sich
nun bei den Ideen zur Begrenzung des Strompreises wiederholen, zumal
die Länder hier das entscheidende Wort haben. Vor allem den Grünen
geht es schwer gegen den Strich, wenn die Interessen von Windkraft-
und Solarherstellern massiv beeinträchtigt werden. Genau darauf
laufen jedoch die schwarz-gelben Vorschläge hinaus. Sogar bei schon
existierenden Ökostrom-Anlagen soll die Förderung zusammengestrichen
werden. Das könnte sich als verfassungswidrig erweisen. Würden die
Pläne wahr, dürften sich potenzielle Investoren schwer überlegen, ob
sie in Deutschland noch auf Sonne und Windkraft setzen. Nach
geltendem Recht haben Betreiber von Solar- und Windparks für 20 Jahre
eine Art staatliche Festpreisgarantie für den erzeugten Strom. Wenn
diese Zusage kippt, wäre das politische Vertrauen auch in die Zukunft
dahin. Gleichwohl werden alle beteiligten Seiten zumindest den
Anschein ernsthafter Verhandlungen erwecken. Schließlich ist
Wahljahr. Und die galoppierenden Strompreise sind vielen Menschen
genauso ein Ärgernis wie rasant wachsende Mieten oder der notorische
Mangel an Kita-Plätzen. Auch die Opposition hat übrigens kein
Patentrezept. Zwar klingt es verlockend, wenn die SPD die Fülle
schwarz-gelber Einzelmaßnahmen zum Einfrieren der EEG-Umlage
weitgehend durch eine Senkung der Stromsteuer ersetzen möchte. Doch
ob die Ersparnis beim Verbraucher ankäme, ist zweifelhaft.
Schließlich ist der Strommarkt in Deutschland praktisch
monopolisiert. Auch eine Reduzierung der Steuern auf Benzin oder
Diesel hätte vermutlich kaum den Effekt sinkender Spritpreise.
Vielleicht lohnt es sich doch, über grundlegend andere Modelle zur
Förderung erneuerbarer Energien nachzudenken. Beispielsweise könnten
Stromversorger künftig dazu verpflichtet werden, einen steigenden
Anteil von „Grün-Strom“ ins Netz einzuspeisen. Dadurch würde endlich
auch mehr Wettbewerb entstehen. Eine so tiefgreifende Reform ist
allerdings nicht im Hauruck-Verfahren zu stemmen. Bis zur
Bundestagswahl schon gar nicht. Da ist eher rasender Stillstand
angesagt.

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