Es ist gut, dass sich der Bundestag in einer sehr 
sachlich und ernsthaft geführten Debatte mit dem fundamentalen 
Kurswechsel in der deutschen Außenpolitik beschäftigt hat. Schlecht 
ist, dass die Sondersitzung erst stattfand, nachdem der Kurswechsel 
von der Bundesregierung bereits beschlossen war.  Streng nach Gesetz 
hat das Parlament bei der Entscheidung, erstmals Waffen an Kräfte in 
ein Kriegsgebiet zu liefern, die nicht zu Deutschlands langjährigen 
Verbündeten zählen, zwar keinerlei Mitspracherechte. Gleichwohl ist 
das Thema zu bedeutend, als dass es nur an einem Kabinettstisch 
abgehandelt werden könnte. So bleibt dann auch ein fader 
Beigeschmack. Nämlich der von der Arroganz der Macht, konkret von 
einer Großen Koalition, die sich anfangs sogar verwundert zeigte, als
der Ruf nach einer parlamentarischen Befassung laut wurde.  Dabei 
kann es der Bundesregierung doch eigentlich nur recht sein, dass ihr 
Entschluss nun auch von einer breiten Mehrheit im Bundestag 
mitgetragen wird. Dass die Koalitionstreue am Ende viele Zweifel bei 
den Abgeordneten von Union und SPD wegwischte, steht dabei allerdings
außer Frage. Nicht nur, weil eine breite Mehrheit der Bevölkerung 
gegen Waffenlieferungen in den Norden Iraks ist. Sondern auch 
deshalb, weil mancher Befürworter gestern im Bundestag aus seinem 
Zwiespalt keinen Hehl machte und dabei Argumente anklangen, die eine 
Ablehnung gerechtfertigt hätten. Das Gewichtigste: So groß das Leiden
der Kurden im Kampf gegen die bestialischen IS-Terroristen ist, so 
hoch ist auch das Risiko, dass deutsche Panzerfäuste, Handgranaten 
und Maschinengewehre für weitergehende Ziele wie etwa der Errichtung 
eines eigenen Kurdenstaates missbraucht werden, den Berlin vehement 
ablehnt. Keiner vermag vorherzusagen, wie sich Deutschland dann 
verhält, wo es doch durch die Waffenlieferungen indirekt schon 
Kriegspartei geworden ist.  Nach Darstellung der Bundesregierung 
handelt es sich bei den Waffenexporten ins nordirakische Kriegsgebiet
um einen Ausnahmefall, um Nothilfe und keinen Paradigmenwechsel oder 
gar Tabubruch. Trotzdem hat Schwarz-Rot damit eine Grundüberzeugung 
deutscher Außenpolitik aufgegeben, die der militärischen 
Selbstbeschränkung. Binnen drei Wochen ist aus dem kategorischen 
„Nein“ zu Waffenlieferungen in den Irak eine detaillierte 
Liefer-Liste geworden. Derzeit schließt Berlin Waffenlieferungen an 
die Ukraine kategorisch aus. Aber wie lange noch, sollte sich auch 
dort die Situation dramatisch verschärfen? Wird Kiew dann die nächste
„Ausnahme“? Eine beunruhigende Vorstellung. Der Einstieg in eine 
mögliche militärische Spirale ist jedenfalls auch mit Rückendeckung 
des deutschen Parlaments vollzogen worden. Übrigens genau am 1. 
September, dem Weltfriedenstag.
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