Lausitzer Rundschau: Schlafseminar Bundestag Zur Länge der Redezeiten von Koalitions- und Oppositionsparteien

Bundestagsdebatten hat von jeher kaum jemand
zugehört, doch jetzt ist auch der letzte Anreiz weg. Die
zurückliegende Woche hat es gezeigt. Von einer Stunde Debatte reden
derzeit 44 Minuten lang zahlreiche Vertreter der Großen Koalition,
bis zum letzten Hinterbänkler, und begründen gebetsmühlenartig, warum
alles prima und richtig ist, was die Regierung so macht. Motto: Es
ist alles gesagt, aber noch nicht von allen. Und nur 16 Minuten lang
dürfen Linke und Grüne dagegenhalten. So verkommt der Bundestag zum
Schlafseminar. Die Verteilung der Redezeiten nach der Größe der
Fraktionen war schon immer absurd und ist es in Zeiten einer
80-Prozent-Mehrheit erst recht. Das wird auch nicht besser durch das
„großzügige“ Angebot von Union und SPD, der Opposition ein paar
zusätzliche Minuten zuzugestehen. Es ist so, als dürften in der
Fußball-Bundesliga Mannschaften, die in der Tabelle oben stehen,
länger im Ballbesitz sein. Worum aber geht es in einer Debatte im
deutschen Parlament? Um Pro und Contra, um den Versuch, andere zu
überzeugen. Es gibt zwei Standpunkte, mindestens, und der eine hat
nicht mehr Wahrheit für sich gepachtet als der andere, bloß weil
dahinter mehr Prozentpunkte stehen. Das Mehrheitsprinzip muss gelten
– bei der Abstimmung. Aber doch nicht beim Argumentieren! Richtig
wäre es, allen Parteien eine genau gleiche Zeit zuzugestehen. Oder
wenigstens einen Sockel von zum Beispiel je zehn Minuten. Und enorm
helfen würde es dem Parlamentarismus, wenn spontane Fragen und
Entgegnungen viel öfter zugelassen würden. Dann würden auch mehr
Leute zuhören.

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