Lausitzer Rundschau: Todeskampf in Libyen Was nach der Herrschaft Gaddafis kommt, ist unklar

Gaddafis jahrzehntelange Herrschaft in Libyen
steht vor dem Zusammenbruch. Das Regime ist auseinander gefallen, der
überwiegende Teil der Armee zur Opposition übergelaufen. Unklar ist
nur noch, wie lange sich das Ende Gaddafis hinzieht. Wie viel Blut
noch vergossen wird, bis die Libyer ihren grausamen Diktator
endgültig besiegt, die Kontrolle auch in der Hauptstadt Tripolis
übernommen haben. Doch was kommt nach Gaddafi? Wer kann Libyen aus
dem Tal der Anarchie und des Chaos führen? Gaddafis Sohn Saif
al-Islam, der jahrelang als Hoffnungsträger für einen Wandel in
Libyen gesehen wurde, sicherlich nicht. Spätestens mit seiner
Brandrede gegen die libyschen Demonstranten, denen er ganz im Stil
seines größenwahnsinnigen Vaters mit Krieg und Vergeltung drohte, hat
er seine Chancen beerdigt. Eine organisierte Opposition gibt es
nicht in Libyen. Der Gaddafi-Clan hatte das Land, die Macht und die
Öl-Reichtümer der „Volksrepublik“ unter sich und seinen Günstlingen
aufgeteilt. Parteien waren verboten. Regimegegner, darunter auch
viele Islamisten, wurden umgebracht, ins Gefängnis geworfen oder ins
Exil vertrieben. Nur im Ausland konnte die Opposition sich
organisieren, etwa unter dem Dach der „Nationalen Rettungsfront“. Das
wird den Neuanfang schwierig, aber nicht unmöglich machen. Die
wichtigen Vertreter der Gesellschaft, die sich traditionell in
Volksstämme aufteilt, werden sich an einen Tisch setzen müssen:
Stammesführer, die Armee und Oppositionelle. Als stärkste
Oppositionskraft gelten übrigens die Muslimbrüder, welche gerade im
Osten Libyens, dort wo der Aufstand gegen Gaddafi seinen Anfang nahm,
ihre Hochburg haben. Die Libyer, eine sehr junge Generation mit
einem Durchschnittsalter von 25 Jahren, haben bisher bewiesen, dass
sie Verantwortung übernehmen können. Mit ihrer überraschenden
Revolution gegen den wohl schlimmsten Diktator der arabischen Welt.
Und ihrer erstaunlichen Reife, die ihnen nun hilft, in den von ihnen
eroberten Städten und Provinzen mit Bürgerkomitees die
zusammengebrochene Ordnung wieder einigermaßen herzustellen. Die
Menschen in Libyen haben gerade gelernt, dass sie mit Einheit, Mut
und Reformwillen Berge versetzen können. Und das macht Hoffnung, dass
die libysche Revolution nicht zum Bürgerkrieg, sondern in eine
bessere und gerechtere Zukunft führt.

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