Die Euphorie der SPD ist bizarr und hat schon
etwas von Selbstbetrug und Wählerverdummung: So schlecht wie noch nie
haben die Sozialdemokraten bei beiden Landtagswahlen abgeschnitten.
Dennoch wird in der Berliner Zentrale jubiliert, als ob die Partei
zwei Kantersiege eingefahren hätte. Ein bisschen mehr rote Demut
wäre angebracht. Denn die Genossen werden lediglich noch beatmet, und
zwar von den Grünen. Aus eigener Stärke geht wenig. Die Situation der
Bundespartei hat sich nach den Landtagswahlen in Wahrheit weiter
verschlechtert – im Parteienspektrum tendiert sie in Richtung Platz
drei; und als Alternative für Wähler der bürgerlichen Mitte taugen
die Genossen mangels klarer Linien offenbar kaum noch. Ohne diese
Gruppe sind Wahlen aber nicht zu gewinnen. Dass es anders geht, hat
Olaf Scholz in Hamburg bewiesen. Und das haben auch die Grünen
gezeigt. Die Gewichte in der Bundespolitik haben sich im Lager der
Opposition seit Sonntag verschoben – die Grünen sind jetzt vorerst
der Koch, die SPD ist nur noch der Kellner. Ohne die Atomdebatte
wären die Grünen freilich nicht so stark aus den Wahlen
hervorgegangen. Und erinnert sei daran, dass die Partei im Herbst
schon als neue Volkspartei gefeiert und nur kurze Zeit später, als
die Umfragewerte wieder gefallen waren, als Luftblasen-Partei
verspottet wurde. Den Grünen steht der harte Realitätstest bevor. Sie
müssen nicht nur in der Energiepolitik die Richtung weisen, wenn sie
weiter erfolgreich sein wollen. Dabei hilft, dass die SPD nach wie
vor keine Richtung hat.
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