Ihr Geschwätz von gestern scheint Hannelore Kraft
nicht zu kümmern. Bis eben noch stand die gefühlte SPD-Wahlgewinnerin
in Nordrhein-Westfalen auf dem Standpunkt, dass eine rot-grüne
Minderheitsregierung zumindest so lange ausgeschlossen sei, bis im
Bundesrat über schwarz-gelbe Schlüsselprojekte abgestimmt werde. Doch
nun soll plötzlich alles ganz schnell gehen. Und zwar deshalb, weil
die FDP in Düsseldorf angeblich Schwarz-Gelb aufgekündigt hat. Aber
das ist eine vorsätzliche Fehlinterpretation der SPD, denn die
FDP-Minister amtieren nach wie vor unter CDU-Ministerpräsident Jürgen
Rüttgers. In Wahrheit hat sich Kraft dem enormen Druck aus der
Berliner Parteizentrale gebeugt. Dort hielt man es immer für einen
Fehler, Rüttgers weiter geschäftsführend schalten und walten zu
lassen. So kommt Kraft nun in den Geruch der Machtbesessenheit, was
schon ihrer hessischen Parteifreundin Andrea Ypsilanti zum Verhängnis
wurde. Vielleicht hat sich Frau Kraft auch jemand aus den Reihen von
CDU oder FDP offenbart, der sie zur Rüttgers-Nachfolgerin mitwählen
würde. Votieren die Linken für sie mit, muss Kraft erklären, warum
sie nicht gleich eine rot-rot-grüne Koalition eingeht. Eine
SPD-Regierungschefin von ihren Gnaden im bevölkerungsreichsten
Bundesland, das hätte wohl nicht einmal Oskar Lafontaine zu träumen
gewagt. Die Linke kann bei jeder parlamentarischen Entscheidung den
Daumen heben oder senken. Ursprünglich wollte Kraft diese Rolle
besetzen, um Rüttgers vor sich her zu treiben. Nun liegt das Risiko
bei ihr – mit allen Konsequenzen für sie persönlich und für die
Nordrhein-Westfalen, denen jetzt ein politisches Chaos droht.
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