Lausitzer Rundschau: Weg mit den Bedingungen Warum die Energiewende nicht zur Panikmache taugt

Sieht man mal ab von dem gemeinsamen Ziel, aus der
Atomenergie aussteigen zu wollen, so war das am Freitag auch ein
klarer Fall von parteipolitischer Verbohrtheit, was man rund um das
Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten zu hören
bekam. Energiewende ja, aber bitteschön nur zu diesen oder jenen
Bedingungen. Wenn tatsächlich ein politischer Konsens in der
wichtigen, gesellschaftlichen Frage gelingen soll, dann kann das auf
diese Weise nicht funktionieren. So wird man auch nicht den Bürgern
gerecht, die eine Energie-Umkehr nach Fukushima einfordern und sie
auch am Ende in irgendeiner Form bezahlen müssen. Vernünftiger wäre
es doch, in der jetzigen Phase einmal die alten atompolitischen
Schlachten zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün beiseite zu lassen.
Gewiss, das ähnelt dem Wunsch nach einem Lottogewinn. Trotzdem: Die
Diskussion um die Zukunft der Kernenergie in Deutschland ist laut
Umfragen für die meisten Menschen eine existenzielle, die
Neuausrichtung in der Energieversorgung damit ebenso. Auch Union und
FDP haben dies inzwischen begriffen. Das Land braucht daher nun
Politiker, die nicht nur auf den nächsten Wahltermin schauen, sondern
sich als Macher entpuppen. Solche, die versuchen, die
Voraussetzungen für den Ausstieg aus der Atomkraft und den Eintritt
in das regenerative Zeitalter voranzubringen. Am Freitag hat sich
gezeigt, dass die Regierung zwar darauf drängt, aber alle
Protagonisten noch lange nicht am Ziel sind. Das mag vor allem an der
Größe der Aufgabe liegen. Schließlich gleicht sie fast der Quadratur
des Kreises: Einerseits soll die Energiewende möglichst rasch kommen,
andererseits soll sie bezahlbar, klimaverträglich und
wettbewerbsfähig sein. Schwieriger geht es nicht. Aber mitunter hat
man auch den Eindruck dass der große Energiekonsens zwischen
Regierung, Ministerpräsidenten und Opposition nicht wirklich gesucht
wird. Selbstverständlich werden Zahlen in den nächsten Wochen eine
Rolle spielen. Umweltminister Röttgen und Wirtschaftsminister
Brüderle sind mit ihrem Sechs-Punkte-Plan bereits dabei, die Bürger
darauf vorzubereiten, dass der Umstieg Milliarden kostet. Windräder,
Netzausbau, neue Kraftwerke – die Energiewende wird teuer werden. Und
die soziale Frage nach der Bezahlbarkeit von Energie und Strom für
Hartz-IV-Empfänger, für die vierköpfige Familie oder für die
Wirtschaft stellt sich gleich mit. Zur Wahrheit gehört freilich auch,
dass noch gar nicht klar ist, wie sich die Kosten entwickeln werden.
Weil noch niemand weiß, wie schnell der Atomausstieg gehen soll, wie
viele Kraftwerke tatsächlich abgeschaltet bleiben und auf welche
Weise die regenerativen Energien ausgebaut werden sollen. Auf der
anderen Seite ist auch noch nicht klar, welche neuen Chancen sich
eigentlich durch die Energiewende für viele Unternehmen, für die
Schaffung neuer Arbeitsplätze ergeben. Also bitte keine vorschnelle
Panikmache. Die Kanzlerin hat Recht: Es ist eine anspruchsvolle
Aufgabe, die sich die Bundesregierung vorgenommen hat. Und zu der die
Opposition mit ins Boot gehört. Eingebrockt hat sich Schwarz-Gelb
dies jedoch selbst – durch die Entscheidung für die
Laufzeitverlängerung im vergangenen Jahr. Niemand sonst.

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