Wenn der Prozess gegen Christian Wulff überhaupt
etwas Gutes hat, dann ist es der Umstand, dass jetzt jeder Lobbyist
und jeder Politiker weiß: Im schlimmsten Fall landet der eine, der
andere oder landen gleich beide vor dem Kadi. Der Staat und seine
Behörden gucken genau hin. Auch bei einem ehemaligen Staatsoberhaupt.
Vor dem Gesetz sind eben doch alle gleich. Ansonsten ist das
Verfahren zu dem geworden, was man von Anfang an befürchten musste:
zu einer Farce. Widersprüchliche, vor allem unwissende Aussagen von
Zeugen, ein lustloses Gericht, eine kaum aktive Staatsanwaltschaft,
die Anklage hat sich im Verlauf der Verhandlung als äußerst dünn
erwiesen. Jetzt deutet alles darauf hin, dass Wulff freigesprochen
werden wird. Und damit ist es aus seiner Sicht richtig gewesen, auf
das Angebot der Staatsanwaltschaft nicht einzugehen, das Verfahren
gegen eine Geldzahlung einzustellen. Doch in einem irrt der
Ex-Präsident: Seine Reputation ist durch den nun absehbaren Ausgang
des Prozesses noch lange nicht wieder hergestellt. Die politische
Ehre des Christian Wulff dürfte noch auf Jahre zerstört sein. Denn
der Freispruch ist schließlich nur die rechtliche Dimension der
peinlichen Angelegenheit. Am politischen Schaden ändert er nichts.
Wulff hat sich nicht nur während der Affäre unklug verhalten. Die
Trennung von Privat und Amt ist ihm schon in seiner Zeit als
Ministerpräsident nicht gelungen. Dafür hat Wulff zweifellos einen
sehr hohen Preis bezahlt – den Amtsverlust durch einen schmählichen
Rücktritt. Dazu die privaten und persönlichen Brüche. Ob im Ausmaß
verdient oder nicht, er bleibt aber Opfer seiner selbst.
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