Dass sich Regierungspartner vor wichtigen
Entscheidungen aufplustern, ist normal. Eine Harmonieveranstaltung
war Schwarz-Gelb nie, auch unter Helmut Kohl und Hans-Dietrich
Genscher nicht. Doch was derzeit stattfindet, und zwar seit nunmehr
drei Jahren, geht weit über den normalen Drang zur Profilierung von
Parteien und Personen hinaus. Hintenherum sind so viele Gemeinheiten
zu hören, dass man sich fragt: Warum trennen die sich nicht? Und
vorne kabbeln sie sich böse bei den eher nebensächlichen Dingen und
Gesetzen. Wieder ist so eine Woche vergangen. Sie reißen mit ihren
Disziplinlosigkeiten immer wieder ein, was sie an anderer Stelle
aufgebaut haben. Die Wirtschaft funktioniert ja, der Arbeitsmarkt ist
gesund. Aber nicht die Regierung. Man kann darauf wetten, dass der
Koalitionsgipfel vom 4. November das Bild nur für ein, zwei Tage
aufhellen wird. Dann kommen die nächsten Forderungen,
Durchstechereien und Krisen. Man spürt keine Seelenverwandtschaft
mehr. Neuanfang, Neustart, Herbst der Entscheidungen – das wurde zu
oft versprochen, um es noch glauben zu können. Das eine Problem liegt
in der Instabilität der kleinen Koalitionspartner. Freidemokraten und
Christsoziale sind wie zwei lose Kanonen an Bord. Beide Parteien
benutzen Berlin zur Frustabfuhr. Die FDP ist sich ihrer selbst nicht
sicher. Weder der Qualität ihres Personals noch ihrer Inhalte. Rösler
und Brüderle belauern sich. Die CSU hat genau einen Parteitag lang
Selbstsicherheit geheuchelt, bis die Affäre um ihren Pressesprecher
gezeigt hat, wie viel Angst sie hat. Diese Angst spürt man schon
länger bei jedem ihrer Auftritte in der Hauptstadt. Nicht nur beim
Betreuungsgeld, auch in Schlüsselfragen wie dem Euro. Dazwischen die
Kanzlerin und ihre CDU. Wie soll sie verlässliche Absprachen mit so
verunsicherten Partnern treffen? Die meisten Bürger erwarten von
einer Regierung nicht viel mehr, als reibungslos regiert zu werden.
Gezielt mal diesem, mal jenem einen Erfolg gönnen, kontrollierte
Diskussionen und in den Grundlinien geräuschlos arbeiten, so muss
eine Koalition daherkommen. Doch im Kanzleramt fehlt eine politische
Koordination. Und Angela Merkel gönnt nicht. Auch das Scheitern einer
Ehe beginnt mit Kleinkram. Irgendwann wird daraus Überdruss, bei dem
Schwarz-Gelb schon lange ist, dann Zerrüttung. Die Koalitionäre
sagen, so weit sei es nicht und wollen 2013 einen neuen Wählerauftrag
bekommen, für noch mal vier Jahre. Derzeit gibt es dafür kein
einziges überzeugendes Argument.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Weitere Informationen unter:
http://