Im Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung von
Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin (SPD) zum 30. September 2010 hat
die Bundesregierung durch Nichtstun ihre Amtspflicht verletzt. Das
ist das Ergebnis eines Bundestags-Gutachtens des Wissenschaftlichen
Dienstes, das auf Antrag der SPD-Bundestagsfraktion erstellt worden
ist und das der „Leipziger Volkszeitung“ (Sonnabend-Ausgabe) im
Wortlaut vorliegt. Danach hätte die Bundesregierung trotz der
Unabhängigkeit der Bundesbank der Vertragsauflösung für Sarrazin
wegen verbesserter Pensionsvereinbarungen zwingend zustimmen müssen.
Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion, sagte dazu gegenüber der Zeitung: „Die
Bundesregierung hat ihre Pflichten, die sich aus dem Bundesbankgesetz
ergeben, verletzt. Ich fordere die Bundesregierung auf, ihrer
Verantwortung gerecht zu werden und sich zu dem Ruhestandsvertrag zu
verhalten. Die organisierte Verantwortungslosigkeit ist einer
Bundesregierung nicht würdig.“
Die vorzeitige Vertragsauflösung im Fall Sarrazin, im Nachgang zu
der öffentlichen Debatte um dessen Migrations- und Vererbungsthesen,
ist mit einer verbesserten Pensionsregelung verbunden worden.
Hierfür, so das Gutachten, wäre zwingend eine Zustimmung der
Bundesregierung notwendig gewesen. „Es wäre eine Umgehung der
Zustimmungserfordernisse nach § 7 Absatz 4 Satz 3 Bundesbankgesetz,
wenn diese als Bestandteile des Aufhebungsvertrages nun
zustimmungsfrei erfolgen dürften.“ Unter Hinweis auf die
Unabhängigkeit der Bundesbank hatte die Bundesregierung bisher
erklärt, sich „zu keinem Zeitpunkt“ in die Vertragsauflösung
einzumischen.
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