Mitten in der Euro-Rettungsdebatte steht der
Europäischen Union, nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“
(Freitag-Ausgabe), eine weitere hoch emotionale Krisendebatte
unmittelbar bevor. Es geht um die anhaltende Korruptionspraxis und
Auswüchse der Organisierten Kriminalität. Unmittelbar vor der
endgültigen EU-Ministerratsentscheidung im Oktober über einen
Beitritt von Rumänien und Bulgarien zum grenz- und kontrollfreien
EU-Binnenraum im Rahmen des Schengen-Abkommens attestieren zwei
Kommissionsberichte den beiden Schengen-Kandidaten, die seit 2007 der
EU angehören, teils enorme Defizite bei der Bekämpfung der Korruption
und beim Aufbau einer seriösen und den Gemeinschaftskriterien
genügenden Justiz. Im Kern, so die EU-Kommission, gehe es um ein
nachhaltiges Vertrauensdefizit in Teilen der Gemeinschaft.
Der innenpolitische Unionsexperte im Bundestag, Clemens Binninger,
warb für einen schrittweisen Öffnungsprozess beginnend mit den Luft-
und Seewegen. Er warnte vor einer Öffnung der Landesgrenzen von
Bulgarien und Rumänien im EU-Schengen-Raum. Dies sei „nur bei
weiteren konkreten Fortschritten und nicht nur auf der Basis von
Versprechungen zu verantworten“. Die Politik müsse „auf das
subjektive Sicherheitsgefühl der eigenen Bürger Rücksicht nehmen“. Er
wies allerdings darauf hin, dass auch innerhalb der jetzigen
Schengen-Union bei der grenzübergreifenden vereinbarten Bekämpfung
von Organisierter Kriminalität und Korruption „Nachholbedarf“
bestehe, was etwa den vereinbarten aber noch nicht erfolgten
internationalen Datenabgleich bei Fingerabdrücken oder DNA-Spuren
betreffe.
„Erhebliche Mängel“ bei der justiziellen Praxis in Sachen
Korruptionsbekämpfung, „geringe Fortschritte“ bei Justiz und
Korruptionsbekämpfung sowie ein fehlendes „Maß an Transparenz und
Glaubwürdigkeit“ wird im Fall Bulgariens speziell attestiert. Es
folgt ein 22-Punkte-Aufgabenplan der Prüfkommission für die
bulgarische Regierung verbunden mit dem alarmierenden Fazit: „Es
bedarf dringend erheblicher Verbesserungen.“ Im Fall Rumäniens wurde
der Regierung durch die EU-Kommissionsprüfer ein
16-Punkte-Forderungskatalog auferlegt, um den EU-Standards für den
Schengen-Raum auch nur ansatzweise zu genügen. Bereits in
EU-Prüfberichten aus den Jahren 2008, 2009, 2010 waren nahezu
wortgleich ähnliche Mängel im Kampf gegen Korruption und Organisierte
Kriminalität festgestellt worden. Dabei geht es nicht zuletzt auch um
Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von EU-Fördergeldern, die nach
Bulgarien und Rumänien fließen.
Intern machten Innenpolitiker der Koalition darauf aufmerksam,
dass „bei diesem Ist-Zustand“ in Sachen Korruption und Organisierter
Kriminalität Rumänien und Bulgarien gar nicht in die EU hätten
aufgenommen werden dürfen. Allerdings sei jetzt der
Integrationsprozess nicht mehr aufzuhalten. Die Bundesregierung müsse
aber verhindern, dass es nun bei der Schengen-Aufnahme „eine
Entscheidung auf immer und ewig“ gebe. Nach Schätzungen von
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström verursacht Korruption jährlich
einen Schaden von geschätzten 120 Milliarden Euro für die
EU-Wirtschaft.
Zusammen mit unabsehbaren Folgen nach der Euro-Krise mit
Griechenland im Fokus „besteht die Gefahr, dass bei unseren Bürgern
die positive Idee Europas komplett zerstört wird“, wenn nun noch
Korruption, Organisierte Kriminalität und intransparente Justiz- und
Staatsapparate aus Südost-Europa hinzu kämen, hieß es aus zuständigen
deutschen Regierungskreisen gegenüber der Zeitung. Vom
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wird deshalb– „im
Interesse Deutschlands und der EU ein Zeichen des Widerstandes
erwartet“.
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