Obwohl er als Anwalt mit prominenter Familie zu
DDR-Zeiten auch schon privilegiert gewesen sei, empfindet der sich
als heutiger Links-Politiker ebenfalls privilegiert fühlende
Bundestags-Fraktionschef Gregor Gysi sein Leben in der
wiedervereinigten Bundesrepublik als „natürlich sehr viel
aufregender, weil ich ja sehr viel mehr Einfluss habe als vor der
Wende in der DDR. Und vor allen Dingen, weil ich viel mehr reisen
kann, weil ich mir die Welt ansehen kann, weil ich daraus Schlüsse
ziehen kann“. Das sagte Gysi in einem Video-Interview mit der
„Leipziger Volkszeitung“ (Sonnabend-Ausgabe / www.lvz-online.de ).
„Ich spreche heute mit Außenministern, mit Parlamentspräsidenten,
gelegentlich auch mit Staatsoberhäuptern etc. Na ja, so was wäre in
der DDR alles natürlich undenkbar für mich gewesen.“
Zugleich beklagte Gysi, dass man nach der Wende im vereinigten
Deutschland zu wenig über die neue Chance durch demokratische
Rechtssicherheit diskutiert habe. „Die höchste Form von
Staatssicherheit kriegt man durch Rechtssicherheit“, habe er bereits
am 4. November 1989 bei einer Großkundgebung auf dem Alexanderplatz
in Berlin gesagt. „Es hat sich doch da am Ende der DDR etwas
offenbart. Du hast einen großen Geheimdienst, der hat eine Fülle von
Informationen bis hin in das Privatleben von Leuten. Und? Was hat es
dem Staat genützt? Nichts. Untergegangen ist er.“ Ein Staat, der
Rechtssicherheit organisiert, sei ein stabiler Staat. Darüber habe
man in der Bundesrepublik „viel zu wenig diskutiert, weil uns
interessieren immer nur so Einzelschicksale“, meinte Gysi.
Heftige Vorwürfe richtete Gysi in diesem Zusammenhang gegen die
anhaltende Beobachtung seiner Partei durch den Verfassungsschutz.
„Der ist im Kalten Krieg steckengeblieben. Der beschäftigt sich ja
gar nicht mit denen, die bei uns wirklich mal das eine oder andere
radikaler betreiben, sondern den interessiert nur das marxistische
Forum, das sind glaube ich noch 40 Mitglieder im Durchschnittsalter
von 72 Jahren. Und die Kommunistische Plattform. Das ist alles
Humbug“, so Gysi. Er hoffe, dass demnächst das angerufene
Bundesverfassungsgericht klarstellen werde, dass auch für den
Verfassungsschutz „der Kalte Krieg in Deutschland beendet ist – und
zwar in Wirklichkeit schon seit 1990″.
Das komplette Interview als Video und im vollen Wortlaut ist zu
finden unter: www.lvz-online.de
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