LVZ: Koch: Nur die sollten Politiker werden, die Macht mehr fasziniert als das eigene Gehaltskonto / Gute Politiker brauchen mehr als einen bedingungslosen Helfer

Der aus der Politik ausscheidende hessische
Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Roland
Koch hat Journalisten aufgefordert, sich wie Politiker oder
Dax-Vorstände „an Gehalts-Transparenz zu gewöhnen“. In einem
Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe) wies er
zugleich darauf hin, dass für Politiker die Ausübung von Macht
wichtiger sei als das durch Politik erzielbare Einkommen, „sonst hat
man in der Politik nichts verloren“.

Mit Blick auf die jüngsten Gehaltsdiskussionen in der
Öffentlichkeit stellte Koch fest: „Auch im Journalismus muss man sich
an Gehalts-Transparenz gewöhnen, nicht nur in der Politik.“ Es sei
„ein merkwürdiges Verständnis von bürgerlicher Demokratie, wenn man
einerseits Gesetze fordert, nach denen jedes einzelne
Vorstandsmitglied eines DAX-Unternehmens sein Einkommen auf den Cent
genau offenlegen muss, dass Politiker das im Gesetz stehen haben und
anschließend glauben leitende Redakteure, das sie das nicht tun
müssten“, betonte Koch.

Der Politiker arbeite für das Allgemeinwohl auf Kosten des
Steuerzahlers. „Wenn der Verdacht entstehen würde, Politiker
übernähmen die Ämter wegen der Gehälter, dann wäre das ein weiterer
Schaden für die Politik. Deshalb sind Politiker-Gehälter überall in
der Demokratie niedrig.“ Und die überwältigende Mehrheit der
Politiker gehe „aus Leidenschaft für ihre Überzeugung“ in die
Politik. „Wer das nicht tut, sollte es auch besser bleiben lassen“,
so Koch. „Gestaltungskraft, die dann auch Macht genannt wird, muss
einen mehr faszinieren als das eigene Gehaltskonto. Sonst hat man in
der Politik nichts verloren“, sagte der CDU-Politiker, der Ende
dieses Monats von der Politik in die Wirtschaft wechseln will.

Das Zusammenspiel zwischen Politikern und Medien sei, so sagte
Koch, „das gegenseitige Einbringen von Interessen, sicher hier und da
auch von Eitelkeiten“. Und in der Politik sei dieses „Geschäft“ so
transparent wie nirgendwo anders. Für ihn sei der
Eitelkeitswettbewerb zwischen Politikern und Journalisten als „in der
Summe immer ein fairer Wettbewerb – auch um das Maß an Eitelkeit“
gewesen.

Typen kommen und gehen. „Mit meinem Abgang endet doch nicht die
Geschichte. In den nächsten Jahren wird es ganz gewiss interessante
Politiker geben, die sich auch sehr engagiert um das Profil der
Partei kümmern werden.“

Der CDU-Politiker wies darauf hin, dass seiner Ansicht nach
Politik „einer der schwierigsten Berufe“ in der Demokratie sei, „weil
bei 99 Prozent gut gemachten Dingen das eine schlecht gemachte
Prozent viel stärker wirkt, als wenn jemand in einem ,normalen“ Beruf
ein Prozent in den Sand setzt“, bilanzierte Koch. „Bei einem
Politiker genügt oft eine Kleinigkeit, um alles zunichte zu machen.“
Das könne man nicht ändern. Aber man sollte auch mal an das Große und
Ganze denken. „Wir hier in der Bundesrepublik leben in einer gut
situierten Wohlstandsgesellschaft, alles in allem ein prächtig
organisiertes und funktionierendes Land. Das alles auf Basis von
Gesetzen, die Politiker gemacht haben.“ Deutschland sei international
bestens angesehen, komme besser als alle Nachbarn durch die Krise.
Fazit: „So schlecht können die Politiker bei uns gar nicht sein, wie
man gelegentlich meint, wenn man Meinungsumfragen sieht.“

Zu seinem Rückzug aus der Politik sagte Koch: „Typen kommen und
gehen.“ In den nächsten Jahren werde es „ganz gewiss interessante
Politiker geben, die sich auch sehr engagiert um das Profil der
Partei kümmern werden“, zeigte sich Koch überzeugt. Auf die Frage, ob
er in der jungen CDU einen ähnlich begabten Politiker-Typen wie sich
selbst sehe, meinte Koch: „Stellen Sie sich mal vor, ich würde diese
Frage beantworten. Aber seien Sie beruhigt: Es stecken einige tolle
junge Leute in der ,Pipeline“.“

Allerdings sei klar, dass ein großer guter Politiker immer eine
Reihe von bedingungslos folgenden Edel-Helfern bräuchte. „Sie
brauchen mehr als einen, der sich bedingungslos der Sache mit
verschreibt, die sie selbst vertreten. Ich habe zum Glück immer mehr
als einen gehabt. Franz Josef Jung oder mein langjähriger Sprecher
Dirk Metz gehörten dazu. Ohne treue verlässliche Mitstreiter werden
sie keinen Erfolg in der Politik haben können“, so Kochs politisches
Schluss-Fazit.

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/233 244 0