Mindener Tageblatt: Kommentar zu Libyen: / Im Windschatten Fukushimas

Gebannt blickt die Welt auf das japanische
Atom-Drama. Der buchstäblich todesmutige Kampf gegen den Super-GAU,
die nach wie vor drohende nukleare Katastrophe und die Furcht vor
möglicherweise großflächigen Verstrahlungen lassen schon die bereits
realen, nach Tausenden zählen Opfer der ursächlichen Naturgewalten
Erdbeben und Tsunami in den Hintergrund treten. Dabei sind dort Not,
Leid und Elend in erschütterndem Ausmaß zu beklagen, die dringend
entsprechender Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft bedürften.
Stattdessen kaufen in Panik geratende Mitteleuropäer Geigerzähler und
Jodtabletten – für sich selbst. Erst recht geraten im Windschatten
Fukushimas auch andere Krisen aus dem Fokus. So gelingt es dem
libyschen Diktator Gaddafi augenscheinlich, sein revoltierendes Volk
mit aller brutalen Gewalt wieder unter die militärische Knute zu
zwingen. Zurückeroberte Gebiete werden, Originalton, „von Rebellen
gesäubert“. Niemand fällt ihm dabei in den Arm. Die verzweifelt um
ihr Leben kämpfenden Aufständischen müssen erleben, wie gerade die
westlichen Nationen, die das Aufbegehren der arabischen Welt für mehr
Freiheit und Demokratie so überschwänglich begrüßten, nun betreten
zur Seite sehen. Längst ist es für eine Flugverbotszone zu spät. UN-,
EU-, AL- und sonstige Resolutionen, Sanktionen, diplomatischer Druck
bewirken nichts. Wer den Diktator jetzt noch erfolgreich in seine
Schranken weisen wollte, müsste dafür Militär in Marsch setzen. Das
will niemand wirklich, und das wird wohl auch niemand tun. Außer den
Saudis, die in Bahrain einen anderen Herrscher vor seinen
demonstrierenden Untertanen gewaltsam in Schutz nehmen. Die für mehr
Demokratie aufgestandenen Araber und auch alle anderen Bürger
repressiver Regimes in der Welt bekommen gerade eine Lektion in
westlicher Moral. Sie werden sie lernen.

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