Mindener Tageblatt: Kommentar zum Pferdefleisch-Skandal: / Alles wie immer

Es ist ja nicht so, dass wir mit
Lebensmittel-Skandalen keine Erfahrung hätten. Genau genommen
besitzen wir sogar eine ziemliche Routine darin, den immer gleichen
Ablauf verlässlich zu reproduzieren – Aufdeckung, Empörung,
Ausweitung, noch größere Empörung, politische Konsequenzen (wahlweise
schärfe Strafen oder mehr Kontrollen, im Idealfall ein Rücktritt).
Und schließlich: Abklingen aufgrund eines neuen Hypes, der gerade
mediale Aufmerksamkeit erfordert. Bis zum nächsten Mal. Es ist auch
nicht so, dass uns die wiederkehrenden Lebensmittel-Skandale neue
Erkenntnisse bescherten. Im Prinzip geht es immer um das selbe
Problem: unappetitliche bis gesundheitschädliche Manipulationen in
der rundum durchindustrialisierten Lebensmittelproduktion, ausgelöst
von mehr oder minder skrupelloser Profitgier bei einzelnen Teilen der
Kette (meistens), Schlamperei oder Pech (eher selten), begünstigt von
– je nachdem oder alles zusammen – krimineller Energie,
unübersichtlicher Bürokratie, ineffektiver Kontrolle, hilfloser
Politik und indifferenten bis sparwütigen Verbrauchern. Kennen wir,
wissen wir alles. Was können wir also lernen aus dem neuesten Skandal
um Pferdefleisch in Fertiggerichten, in denen eigentlich etwas
anderes sein sollte? Ein paar neue Finessen der supranationalen
Auftragslogistik vielleicht, einige zusätzliche Eindrücke mehr über
die Hyperkomplexität eines Systems, das 500 Millionen Europäer (und
ein paar Menschen mehr) tagtäglich mit Lebensmitteln versorgt. Die
zur Abwechslung mal beruhigende Nuance, dass wenigstens niemandes
Gesundheit gefährdet war. Und die wenig beruhigende, im Übrigen aber
auch nicht wirklich neue Erkenntnis, dass auch dieser
Lebensmittelskandal nicht der letzte gewesen sein dürfte. Medien
berichten, einschlägige Organisationen emören sich, Politiker treffen
„Maßnahmen“, Produzenten und Handel erleiden Einbußen, Verbraucher
sind verunsichert und halten sich zurück. Alles wie immer.

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Christoph Pepper
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