Außenminister Guido Westerwelle hat sich rargemacht
in der öffentlichen Wahrnehmung – ob ganz freiwillig, darf bezweifelt
werden. Doch soeben hat er sich mit einem Ordnungsruf zu Wort
gemeldet, der breitere Beachtung verdient. Seine Mahnung zur Mäßigung
in der Euro-Debatte kommt zur rechten Zeit: die immer schrilleren
Töne gegen südeuropäische Schuldensünder und andere Bösewichter –
zuletzt aus der CSU, durchaus aber auch aus einigen liberalen Ecken –
sind geeignet, das europäische Klima endgültig zu vergiften. Im Lande
selbst, erst recht aber auch bei unseren europäischen Partnern. Wo
umgekehrt ähnlich Unverantwortliches zu beobachten ist. Natürlich ist
darüber zu reden, wie Europa mit seinen finanzpolitischen Problemen
fertig wird. Natürlich ist darüber zu streiten, wie weit Solidarität
zu gehen hat. Natürlich ist zu diskutieren, welchen Spielraum
Regierungen und Parlamente haben dürfen oder müssen. Und
selbstverständlich muss darüber gerechtet werden, wer für wen oder
was haften sollte oder auch ganz bestimmt nicht. Wer all dies jedoch
ausschließlich unter innenpolitischem Blickwinkel veranstaltet, dabei
auf die Stammtische, Boulevard-Schlagzeilen und den nächsten
Wahltermin schielend, der versündigt sich nicht nur an Europas
Zukunft. Sondern auch an der des eigenen Landes. Markige inländische
Ausschluss- oder Ausstiegsszenarien sind ebenso ungeeignete
Debattenbeiträge wie das Erpresserische streifende
Solidaritätseinforderungen von außerhalb. Die europäische Einigung,
man kann es nicht oft genug wiederholen, ist ein kostbares Gut. Sie
steht im Pulverdampf der aktuellen Schuldenkrise unter schwererem
Beschuss, als die langjährige Gewöhnung an Brüsseler Nachtsitzungen
wegen vergleichsweise läppischer Krämerkonflikte wohl wahrzunehmen
erlaubt. Doch ist die Gefahr inzwischen unübersehbar: Dass Europa
zerredet wird – von Dampfplauderern, Zündlern, Hasardeuren,
Defätisten. Westerwelle hat Recht: Wir müssen aufpassen.
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