Es führt eine blutige Spur rechtsextremer
Gewalt durch unser Land. Seit der Angolaner Amadeu Antonio Kiowa im
Dezember 1990 von Neonazis im brandenburgischen Eberswalde zu Tode
geprügelt wurde, hat der rechte Mob 136 weitere Todesopfer gefordert.
Hinzu kommen jene zehn Ermordeten, die auf das Konto des
Neonazi-Trios aus Jena bzw. Zwickau gehen, wie sich nun
herausstellte. Eine grausige Bilanz, von der großen Zahl der
Verletzten, Eingeschüchterten, Bedrohten ganz zu schweigen. Was
ebenfalls zu denken gibt, ist der Umgang mit dem rechtsextremen
Terror. Als die Linksterroristen der RAF in den 70er und 80er Jahren
Anschläge verübten und töteten, wurde nahezu die gesamte alte
Bundesrepublik umgekrempelt, wurden Sicherheitsgesetze verschärft und
sogar ein Hochsicherheitsgefängnis gebaut. Der rechtsextremistische
Terror der vergangenen zwei Jahrzehnte wurde dagegen eher
geschäftsmäßig zur Kenntnis genommen. Nicht, dass sich maßgebliche
Politiker nicht empört hätten und ihr Beileid abstatteten. Nicht dass
es jedes Mal einen Aufschrei von Demokraten, dass es Mahnwachen,
Kerzen und vielfältige Aktionen gegen Rechtsextremismus und Rassismus
gab. Nach den Brandanschlägen von Mölln oder Solingen, nach Morden in
Berlin oder Dessau, nach Ausschreitungen von Hoyerswerda oder
Rostock-Lichtenhagen, oder wie die Orte rechten Terrors noch heißen
mögen. Doch es wurde zu schnell zur Tagesordnung übergegangen, oft
mit dem Hinweis, dass man gegen rechts- und linksextremistische
Gewalt entschlossen vorgehen müsse. Schlimmer noch, es wurde nicht
wirklich zielstrebig gegen potenzielle und wirkliche Täter aus der
rechtsextremen Szene vorgegangen. Gegen Linksextremisten womöglich
auch nicht. Und so mancher Innenpolitiker in den alten Ländern mag
den Rechtsextremismus vor allem für ein ostdeutsches Phänomen
gehalten haben. Dabei ist es längst ein gesamtdeutsches Problem. Der
dramatische Fall des Neonazi-Trios aus Thüringen, das von Bayern bis
Mecklenburg-Vorpommern Menschen umbrachte und Banken ausraubte,
strotzt nur so von peinlichen Pannen, kleinlichem Kompetenzgerangel
und katastrophaler Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden, von
Missmanagement bei Polizeien und Verfassungsschützern. Es mag dafür
strukturelle Ursachen geben, doch es steht auch der schlimme Verdacht
im Raum, bei denen, die eigentlich von Amts wegen die Verfassung
schützen sollen, könnte es eine stillschweigende Unterstützung von
Rechtsextremen gegeben haben. Hauptsache, wir haben unsere V-Leute
vor Ort und wissen, was die braunen Kameraden dort so treiben. Der
gestrige Anti-Terrorgipfel war zumindest ein Ansatz, Behörden- und
Ländergrenzen zu durchbrechen. Endlich soll ein gemeinsames
Abwehrzentrum entstehen. Hoffentlich bleibt es nicht beim derzeit
flott an den Tag gelegten Aktionismus gegen rechte Mörder und ihre
Helfer. Der gute Wille, die Weichen in Richtung effektiver Ermittlung
und zielgerichteter Prävention neu zu stellen, war der hochkarätigen
Runde von Ministern und Sicherheitsdiensten nicht abzusprechen. Nur,
wohlfeile Gipfeltreffen gab es bereits genug. Bereits heute ist
Verfassungsschützern und Polizeien eine Zusammenarbeit über
Ländergrenzen nicht verboten. Sie müssen es nur endlich tun.
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