Von Christian Kucznierz, MZ
Manche Dinge haben begrenzte Lebensdauer. Sie finden nur eine Zeit
lang Beachtung. Randnotizen nennt man das gerne. Wobei vergessen
wird, dass die Notiz am Rand stehen bleibt. Sie verschwindet nicht
völlig. Sie verliert an Bedeutung. Aber auf der entsprechenden Seite
des Buches wird sie zu finden sein. Die AfD ist dabei, so eine
Randnotiz zu werden. In der Alternative für Deutschland hat sich
zusammengefunden, was nicht zusammengehört: bürgerliche Kräfte und
stramme Deutsch-Nationale, die mit den Islam- und Ausländerfeinden
der Pegida-Bewegung offen sympathisieren. Die gemeinsame Klammer war
und ist die Kritik an der Euro-Politik der Bundesregierung. Doch die
beiden Flügel schlagen zu heftig, als dass die Klammer das aushalten
könnte. Offenbar ist der Druck so hoch, dass AfD-Chef und Gründer
Bernd Lucke mit dem Bruch droht. Ein erleichtertes Aufatmen an dieser
Stelle ist möglich, aber verfrüht. Denn es gibt Gründe dafür, warum
eine Partei Erfolg hat, die mit so originellen Ideen daher kommt wie
mit der, mit Goldbarren zu handeln, um Geld in die Kassen zu spülen.
In Bremen kam die AfD immerhin auf 5,5 Prozent. Dass es nicht mehr
sind, liegt an den Querelen in der Partei, nicht etwa daran, dass es
keine Klientel gäbe. Der Streit in der Parteispitze führte zuletzt
dazu, dass mit Hans-Olaf Henkel ein Mann aus der AfD austrat, auf den
viele verunsicherte Wähler zeigen konnten, wenn man ihnen vorwarf,
mit einer Populisten-Partei zu sympathisieren. Der eine Grund für den
Erfolg war, dass nun vermeintlich endlich einmal Politiker
aussprechen, was andere verschweigen: dass der Euro unser Verderben
darstellt. Alle anderen AfD-Positionen sind meist austauschbar. Der
andere Grund war die Hoffnung, den etablierten Parteien einen
Denkzettel zu verpassen, oder, positiv formuliert, ihnen ein
Korrektiv an die Seite zu stellen. Hier liegt die Berechtigung einer
Partei wie der AfD. Und das ist der Grund, warum sie nicht gänzlich
verschwinden wird, solange Union und SPD gleichermaßen dieselbe
Klientel umwerben: die Mitte. Die Rolle, die der AfD zugeschrieben
wird, spielte lange die FDP. Die Liberalen waren allerdings in der
Folge des Wahltriumphs von 2009 zu einer Partei geworden, die vor
Kraft kaum laufen und vor lauter heißer Luft kaum noch den Boden
berühren konnte. Sie war für viele frühere Anhänger unwählbar
geworden, weil sie mehr versprach, als sie halten konnte. Sie galt
bald als populistisch. Bei den Wahlen bekam sie die Quittung
präsentiert, was FDP-Politiker wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
zu unrecht abstrafte, die vielleicht unbeliebte, aber wählbare
Positionen vertraten. Ein Teil des AfD-Erfolgs war die Niederlage der
FDP. Aber der wichtigste Unterschied ist der, dass die Liberalen
Standpunkte haben, wo die AfD Sprechblasen hat. Das politische System
der Bundesrepublik braucht eine alternative Partei im bürgerlichen
Lager, als Wahloption wie als Bündnispartner. So wie die SPD mit den
Grünen einen natürlichen Verbündeten hat, so fehlt dieser der Union.
Die FDP ist auf dem Weg einer leisen Rückkehr, auch weil die Wähler
erkannt haben, dass die AfD eben keine Alternative ist. Zu einer
solchen könnte sie werden, wenn Lucke seine Partei grundlegend
reformiert. Der Schritt wird Wählerstimmen kosten, vor allem vom
rechten Rand. Denen sollte der Parteichef nicht nachtrauern. Die AfD
sitzt in einigen Parlamenten. Sie muss dort zu Euro und Zuwanderern
intelligentere Alternative bieten können als ihr bisheriges plumpes
„Raus!“. Was eine solche neue liberale Partei dann mit der FDP machen
würde, muss sich zeigen.
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