Die beruhigende Nachricht kam gestern um 15 Uhr
über den Agenturticker: „Playstation-Spieler sind frustriert, weil
sie seit Tagen nicht online gegeneinander spielen können.“ Nach
Bekanntwerden des größten Datendiebstahls in der Geschichte des
Internets gehen die Betroffenen mit gutem Beispiel voran und lenken
den Blick aufs Wesentliche: Daten futsch – na und`? Wann kann ich
wieder „Alien Zombie Death“ gegen José aus Buenos Aires spielen? Es
scheint, also ob Hobby-Pädagogen sich jetzt wieder auf die Schultern
klopfen können: „Ha, ich wusste schon immer, dass Daddeln ignorant
macht.“ Doch man sollte die Gefahren für den einzelnen Internetnutzer
nach diesem, zugegeben, spektakulären Vorfall nicht überbewerten.
Denn schließlich gibt es genau wie beim Diebstahl des Portemonnaies
mitsamt allen Karten und Dokumenten auch erprobte Werkzeuge, sich
gegen die Auswirkungen von Datenklau im Netz abzusichern.
Verschiedene Passwörter benutzen, die Anti-Virensoftware
aktualisieren, Kontobewegungen beobachten, Alarmbereitschaft
gegenüber Phishing-Attacken zeigen und die Kreditkarte sperren – all
das gehört zum Alltag des Nutzers kommerzieller Internetangebote. Der
Vorfall bei Sony verdeutlicht allerdings den Unterschied zur
gestohlenen Geldbörse: Im Netz geht es um die Daten von Millionen
Menschen, die mit einem Handstreich bestohlen werden können. Nachdem
vergangene Woche bekannt geworden war, dass Apple die
Toilettengewohnheiten seiner mobilen i-Flottenbesitzer speichert,
wird der Vorfall bei Sony die Debatte um Datenschutz im Internet
zweifellos weiter anfachen. Doch was tun? Während bei Apple der Fall
klar scheint – es gibt Daten, die sollte man nicht speichern – muss
man überprüfen, ob Sony in diesem Fall Versäumnisse vorzuwerfen sind.
Ist der Konzern leichtfertig mit seinen Sicherheitsstandards
umgegangen? Das ist nicht auszuschließen, aber schwer nachzuweisen.
Ist es ein Verbrechen, dass ein Hacker sich besser mit der
Sicherheitstechnik auskennt als der Hersteller? Selbst wenn es so
wäre, was ist die Konsequenz? Es gibt keine Richtlinien für das
Betreiben digitaler Netzwerke, auch wenn diverse Experten dies seit
einiger Zeit fordern. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass gesetzliche
Bestimmungen im Netz nicht nur umstritten, sondern auch denkbar
schwer umzusetzen sind. Wer setzt die Sicherheitsstandards für den
Umgang mit persönlichen Daten im Internet fest? Und für welches Land?
Wer überprüft ihre Einhaltung und wie geht man mit Softwarepatenten
in diesem Zusammenhang um? Die Diskussion scheint sich ständig zu
wiederholen. Trotzdem müssen diese Fragen immer wieder gestellt
werden. Bis zu ihrer Klärung müssen sich zumindest die Nutzer
kommerzieller oder registrierpflichtiger Angebote im Internet bewusst
sein, dass es hier eines autonomeren Sicherheitsbewusstseins bedarf
als im „normalen Leben“. Wer sich im Vorhinein richtig absichert, im
Nachhinein schnell handelt und nicht naiv durch die digitale Welt
marschiert, den muss ein Einbruch beim Playstation-Netzwerk nicht
mehr kosten als die Bestellung einer neuen Kreditkarte. Im Übrigen
war es bisher durchaus üblich, dass die betroffenen Netzwerkbetreiber
aus Kulanz für solche Kosten aufkamen. Spinnt man diesen Gedanken
weiter, könnten auf Sony Kreditkartenentschädigungen in Höhe von,
grob geschätzt, 1,5 Milliarden Euro zukommen. Schlimmer wäre es wohl,
wenn José jetzt aus Verzweiflung mit Maria ins Kino geht, anstatt vor
der Konsole zu hocken.
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